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Ort des Anschlags. Afghanische Polizisten nehmen das Gouverneursgebäude in Talokan, der Hauptstadt der Provinz Tachar, nach dem Attentat in Augenschein. Foto: rtr

© REUTERS

Politik: Attentäter in Uniform

Taliban verletzen erstmals deutschen General

Neu Delhi/Talokan - Der Gouverneur der nordafghanischen Provinz Tachar, Abdul Jabar Taqwa, empfängt am Samstag hohen Besuch in seinem Büro. Der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf für Nordafghanistan, Bundeswehr-General Markus Kneip, ist angereist. Unter den Teilnehmern des Treffens sind auch die Kommandeure der afghanischen Polizei und Armee für den Norden, die Generäle Mohammed Daud Daud und Salmai Wesa. Was die Teilnehmer nicht wissen: Zu den Sicherheitskräften, die sie eigentlich schützen sollen, zählt anscheinend mindestens ein Selbstmordattentäter der Taliban.

Das zumindest legen Informationen aus zuverlässigen Quellen kurz nach dem Anschlag nahe. Es heißt, der Attentäter habe eine Polizeiuniform getragen und sei Teil der Sicherungskräfte bei der Konferenz am Sitz des Gouverneurs in der Provinzhauptstadt Talokan gewesen. Als die Teilnehmer das Büro des Gouverneurs im zweiten Stock des Gebäudes verlassen hätten und auf dem Weg nach draußen gewesen seien, sei der Attentäter auf die Gruppe zugegangen. Als er sie erreichte, habe er in der Eingangshalle seinen Sprengstoff gezündet.

Ein deutscher Teilnehmer des Treffens beschreibt, er sei noch auf der Treppe auf dem Weg nach unten gewesen, als es in der Eingangshalle zunächst zu einer Detonation gekommen sei. Anschließend seien Schüsse zu hören gewesen, möglicherweise sei Munition in dem Feuer detoniert, das nach dem Anschlag ausbrach. Ihm sei dann unverletzt eine abenteuerliche Flucht aus dem Gebäude gelungen. Nach kurzer Zeit seien vom Bundeswehr-Camp in Talokan Soldaten angerückt.

Nordafghanistans Polizeichef Daud ist unter den Toten, es ist der hochrangigste Verlust der afghanischen Polizei bislang. Der Polizeichef Tachars gehört ebenfalls zu den Ermordeten. Der Gouverneur und fünf deutsche Soldaten sind unter den mindestens zwölf Verletzten. Nie zuvor ist es den Aufständischen gelungen, einen General aus Deutschland oder einer anderen Isaf-Nation bei einem Anschlag zu treffen. Das bislang hochrangigste deutsche Opfer in Afghanistan war ein Oberstleutnant.

Mit den neuen Opfern stieg die Zahl der in Afghanistan bei Gefechten und Anschlägen getöteten Bundeswehrsoldaten auf 33. Erst am Mittwoch war bei einem Sprengstoffanschlag auf eine Bundeswehr-Patrouille in Nordafghanistan ein deutscher Soldat getötet worden. In Talokan hatte es Mitte Mai gewaltsame Demonstrationen gegen die Nato-Truppen gegeben. Dabei wurde auch ein Bundeswehrlager angegriffen. Deutsche Soldaten schossen nach Bundeswehrangaben gezielt auf gewalttätige Demonstranten, die sich durch vorher abgegebene Warnschüsse nicht vertreiben ließen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm die Nachricht vom Tod der deutschen Soldaten „schockiert und traurig“ auf. „Dieser terroristische Anschlag zeigt eine mörderische Menschenverachtung“, sagte sie in der in Berlin verbreiteten Erklärung. Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich während eines Besuchs im Golfstaat Oman bestürzt über den Terrorakt. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bat die deutsche Öffentlichkeit um Unterstützung für den Einsatz in Afghanistan. Zugleich erklärte er, Deutschland halte an dem Einsatz fest. dpa/AFP/rtr

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