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Politik: Auch die Seele kämpft

Psychologen helfen den Soldaten, Stress an der Front zu bewältigen

Manchmal helfen einfache Techniken. Langsam Luft holen, den Atem anhalten, dann ruhig ausatmen. Oder Massage. Oder Yoga. Die Truppenbetreuer der US-Armee haben jedenfalls rund um die Uhr zu tun. Jede Division wird von einem Psychiater, einem Psychologen und mehreren Sozialarbeitern begleitet. Zusätzlich gibt es zwei „combat stress units“. Die Mitglieder dieser Einheiten haben die Aufgabe, den Soldaten ihre Ängste zu nehmen. Sie müssen Depressionen behandeln, Traumata und andere seelische Erschütterungen, die der Krieg verursacht hat.

Wann ein Mensch im Krieg an seine psychischen Grenzen gerät, lässt sich schwer prognostizieren. Einige zermürbt das Warten auf den Beginn der Kämpfe. Andere fürchten sich vor unbekannten Gefahren wie biochemischen Waffen, wieder andere verkraften die erste Feindberührung nicht. Ein Häuserkampf wie in Bagdad steigert die Nervosität. Extrem belastend wirkt sich der Kampf gegen Guerilla-Kämpfer aus, die den Angreifer durch „unsaubere Methoden“ zwingen wollen, „unsaubere Praktiken“ anzuwenden.

Mehrere tausend solcher Kämpfer aus anderen arabischen Ländern sind seit Beginn des Irak-Krieges über die Grenzen gekommen. Sie eint der Hass auf die USA und die Bereitschaft, ihr Leben im Kampf gegen die „zionistischen Invasoren“ zu opfern. Zu ihrem Repertoire gehören Selbstmordanschläge und der Missbrauch von Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Sie wollen aus dem Irak machen, was der Libanon für Israel war.

„Ihr Zuhause ist die Einheit“

Dagegen zu kämpfen, strapaziert die Nerven. Dabei unterscheiden die US-Militärpsychologen zwischen „normalen“ und „anomalen“ Stress-Symptomen. „Extreme Situationen können extreme Reaktionen auslösen“, sagt Timothy Patterson, der eine der beiden „combat stress units“ leitet. Angstgefühle, Nervosität, Gefühlsschwankungen und Beschwerden wie Durchfall und Erschöpfung seien nicht ungewöhnlich. „Das lässt sich oft durch Gespräche, einige Ruhetage, viel Flüssigkeit und warme Nahrung kurieren.“

Befolgt wird auch eine Lehre aus dem Vietnam-Krieg. Damals wurden Soldaten, die psychische Probleme hatten, in Krankenhäuser überwiesen oder nach Hause geschickt. Das hat sich als falsch erwiesen. Oft kamen Versagensgefühle hinzu, die die Probleme verstärkten. Deshalb wird heute versucht, solche Soldaten möglichst lange in der Nähe ihrer Einheit zu lassen. „Entwurzelt wurden sie bereits durch den Krieg“, sagt Patterson, „ihr neues Zuhause, das ihnen Geborgenheit vermitteln kann, ist jetzt ihre Einheit.“

Im Unterschied zu Vietnam kämpfen im Irak ausschließlich Berufssoldaten. Vor dreißig Jahren wurde die Wehrpflicht in den USA abgeschafft. Damals lag das Durchschnittsalter der US-Soldaten bei knapp über 20, heute beträgt es 26. Viele sind verheiratet. All das sind Faktoren, die die Psyche stabilisieren. Hinzu kommt die Überzeugung, für die richtige Sache zu kämpfen. „Der Soldat“, sagt Patterson, „muss verstehen, was er tut. Dann hält er eine Menge an Belastung aus.“

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