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Politik: Auch Margaret Thatcher stand auf seiner Liste

Abu Nidal, einer der meistgesuchten Terroristen der Welt, wird tot in seiner Wohnung in Bagdad gefunden

Von Martin Gehlen

Der 65-Jährige starb möglicherweise durch eigene Hand. Als die Leiche Abu Nidals, arabisch „Vater des Kampfes“, in seiner Wohnung in Bagdad entdeckt wurde, war er bereits seit drei Tagen tot. Der zuvor schwer an Krebs Erkranke gehörte zu den brutalsten und kompromisslosesten Terroristen der arabischen Welt. Sein Hass richtete sich vor allem gegen den Staat Israel, dessen Vernichtung sein erklärtes Ziel war, aber auch gegen arabische Politiker, die für eine Aussöhnung mit dem jüdischen Staat eintreten.

Sabri el Banna alias Abu Nidal wurde als zwölftes und letztes Kind eines wohlhabenden Orangenexporteurs 1937 in der Hafenstadt Jaffa geboren. Dort besuchte er drei Jahre lang die französische Schule. Sein weiträumiges Elternhaus dient heute als Militärgerichtshof. Aus Jaffa wurde seine Familie nach der israelischen Staatsgründung 1948 vertrieben und zog nach Nablus im Westjordanland. Von hier aus emigrierte Abu Nidal nach Saudi-Arabien, wo er zunächst als Elektriker arbeitete.

In der zweiten Hälfte der 60er Jahre schloss sich Abu Nidal der Fatah-Organisation von Jassir Arafat an und wurde zum Waffentraining nach Nordkorea und China geschickt. Anschließend ernannte ihn Arafat zum PLO-Vertreter im Sudan und im Irak. 1974 kam es zum Bruch. Abu Nidal spaltete sich mit seiner Organisation „Fatah-Revolutionärer Rat“ von Arafats Fatah ab, weil diese in seinen Augen zu moderat geworden war und bei der Lösung des Nahost-Konfliktes auch auf Verhandlungen setzte.

Bis heute steht Abu Nidals Organisation in den Vereinigten Staaten auf der Liste der gefährlichen Terrorgruppen. Ihr gehörten etwa 500 Mitglieder an, die für mehr als 100 Anschläge mit mindestens 280 Toten und 650 Verletzten vor allem in den 70er und 80er Jahren verantwortlich gemacht werden. Im Januar 2000 verhaftete die österreichische Polizei einen Palästinenser bei dem Versuch, 7,5 Millionen US-Dollar von Konten abzuheben, die angeblich Abu Nidal gehörten.

Abu Nidals Mordaktionen richteten sich gegen Israelis und Juden – unter anderem in Antwerpen, Paris, Rom und Wien. 1986 kamen bei einem Überfall auf eine Synagoge in Istanbul 24 Gemeindemitglieder ums Leben. In einer Serie von Anschlägen wurden aber auch PLO-Funktionäre in London, Paris, Rom, Madrid, Brüssel, Kuwait und Islamabad ermordet, weil sie als gemäßigt galten oder Beziehungen zur israelischen Linken wie dem Friedensaktivisten Uri Avneri aufbauten. Einer der spektakulärsten Anschläge war 1982 die versuchte Ermordung des israelischen Botschafters in London, Schlomo Argov, der zum Krüppel geschossen wurde. Das Attentat war letzter Auslöser für die vom damaligen Verteidigungsminister Ariel Scharon befehligte israelische Invasion gegen die PLO-Zentren in Südlibanon und Beirut.

1984 wurde Abu Nidals Tod verkündet, doch ein Jahr später gab er dem „Spiegel“ ein Interview, in dem er eine prominente Todesliste aufstellte: Der damalige US-Präsident Ronald Reagan, die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher und der ägyptische Präsident Husni Mubarak standen unter anderem darauf. 1985 bekannte sich seine Gruppe zu den Anschlägen auf Flugschalter der israelischen Fluglinie El Al in Wien und Rom, bei denen insgesamt 18 Menschen starben. Im gleichen Jahr entführten Abu Nidals Kommados eine ägyptische Passagiermaschine. Bei einem Befreiungsversuch starben 66 Menschen.

Abu Nidal soll sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten unter anderem in Syrien, Libanon, Libyen und im Irak aufgehalten haben. Mehrmals wechselte er die Fronten. Zunächst schlug er sein Hauptquartier in Bagdad auf. Saddam Hussein wurde zum Hauptgeldgeber, unter anderem für Mordaktionen in Syrien. Während des irakisch-iranischen Krieges jedoch musste Abu Nidal den Irak verlassen und zog nach Syrien, dem Erzfeind Bagdads. Von dort aus verübten seine Leute Terrortaten in Jordanien. Später lebte er in Libyen und organisierte Mordanschläge auf hohe Vertreter der PLO-Exilregierung in Tunis. Ein Militärgericht von Jassir Arafats Fatah verurteilte ihn deshalb in Abwesenheit zum Tode.

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