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Die alte und neue Ministerpräsidentin Neuseelands: Jacinda Ardern.

© Michael Bradley/AFP

Auch mit Corona-Krisenmanagement überzeugt: Premierministerin Ardern gewinnt absolute Mehrheit in Neuseeland

Ein solches Ergebnis hat es in Neuseeland seit Einführung des derzeit gültigen Wahlrechts 1996 noch nie gegeben. Jacinda Ardern baut ihre Machtbasis aus.

Bei der Parlamentswahl in Neuseeland hat die amtierende Labour-Partei mit Ministerpräsidentin Jacinda Ardern einen historischen Sieg errungen. Zum ersten Mal seit Einführung des derzeit gültigen Wahlrechts im Jahr 1996 hat eine Partei in dem Pazifikstaat die absolute Mehrheit gewonnen.

Die 40-jährige Ardern, die seit 2017 im Amt ist, kann damit allein regieren – das hat es in Neuseeland seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Labour kommt nach Auszählung fast aller Stimmen auf 64 der 120 Sitze. Die konservative National-Partei mit der Spitzenkandidatin Judith Collins (61) holte nur 35 Mandate. Die Partei hatte von 2008 bis 2017 fortlaufend regiert.

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Beobachter führten das Ergebnis besonders auf Arderns international gelobtes Krisenmanagement in der Corona-Pandemie und ihren Umgang mit dem rechtsextremistischen Terroranschlag auf zwei Moscheen in Christchurch im März 2019 zurück.

Ihre neue Regierung werde „für jeden Neuseeländer“ da sein, versprach Ardern am Samstag in einer ersten Stellungnahme. Die nächsten Jahre würden nicht einfach werden, sagte Ardern am Samstag mit Blick auf die Corona-Pandemie und ihre Folgen. Aber ihre Regierung wolle Hoffnung und Optimismus verbreiten, betonte sie strahlend vor jubelnden Anhängern. „Schon morgen legen wir damit los!“

Dies sei keine normale Wahl gewesen, sagte Ardern, die sich ganz in der Parteifarbe Rot präsentierte. „Und dies sind keine normalen Zeiten.“ Aber sie strebe dennoch eine „positive“ Regierungsführung an. „Es ist ein Privileg, für die Menschen in Neuseeland zu arbeiten und ihre Regierungschefin zu sein.“

Trauer nach Christchurch: Jacinda Ardern – mit schwarzem Kopftuch – umarmt eine Muslim.
Trauer nach Christchurch: Jacinda Ardern – mit schwarzem Kopftuch – umarmt eine Muslim.

© Boris Jancic/AAP/dpa

Zeitgleich mit der Parlamentswahl waren die Neuseeländer aufgerufen, in zwei Volksabstimmungen über die Legalisierung der Beihilfe zum Suizid für Todkranke sowie die Legalisierung von Cannabis zu entscheiden. Diese Ergebnisse sollen am 30. Oktober veröffentlicht werden. Die katholische Bischofskonferenz hatte vor der Wahl Position gegen die Legalisierung der Beihilfe zum Suizid Todkranker bezogen.

Für ihren Umgang mit den Opfern des Anschlags eines australischen Neonazi 2019 wurde Ardern über die Grenzen Neuseelands hinaus gelobt. In ihrer Rede nach dem Attentat war es das Wort „Wir“, das sich im Gedächtnis der Neuseeländer eingegraben hatte. „Viele der Betroffenen sind Einwanderer, sie sind vielleicht Flüchtlinge, sie wollten Neuseeland zu ihrer Heimat machen, und es ist ihre Heimat. Sie sind wir“, sagte Ardern. Bei Begegnungen mit Verletzten und Hinterbliebenen trug Ardern ein schwarzes Kopftuch, das anschließend auch viele Neuseeländer als Symbol der Solidarität mit den Opfern des Anschlags trugen.

Die Corona-Pandemie in Neuseeland hatte Ardern durch einen sehr strengen Lockdown erfolgreich in den Griff bekommen. „Wir haben es gemeinsam geschafft, das Virus unter Kontrolle zu bringen“, sagte Ardern, die für ihr Krisenmanagement international gelobt wurde, bei der Aufhebung der Corona-Maßnahmen Mitte September. Nach Ende des Lockdowns Mitte Mai waren mehr als 100 Tage keine Neuinfektionen registriert worden. Mitte August traten dann in Auckland einige Infektionsfälle auf.

Seitdem gelten in Neuseelands größter Stadt wieder Präventionsmaßnahmen. Bei rund fünf Millionen Einwohnern verzeichnete Neuseeland bisher nur 25 Todesfälle in Zusammenhang mit dem neuartigen Virus. Der Erfolg gelang durch eine Kombination aus strikten Grenzkontrollen und vielen Corona-Tests.

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Ardern ging zudem als zweite Regierungschefin der Welt in die Geschichte ein, die während ihrer Amtszeit ein Kind zur Welt brachte. Als erste amtierende Regierungschefin wurde die pakistanische Politikerin Benazir Bhutto im September 1988 Mutter.

Einen solchen Erfolg wie jetzt hätte Ardern sich im März 2017 wohl nicht träumen lassen, als sie stellvertretende Vorsitzende ihrer Partei wurde. Weniger als zwei Monate vor der Wahl musste sie dann im Sommer als Spitzenkandidatin einspringen, weil ihr Vorgänger zurücktrat. Doch eine Welle der Sympathie in der Bevölkerung, von manchen als "Jacinda-Manie" bezeichnet, trug Ardern innerhalb kürzester Zeit an die Spitze der Regierung. (dpa, KNA, AFP)

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