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Politik: Auch wenn die Kurden-Rebellen seinem Aufruf folgen, Frieden mit der Türkei wird es dennoch nicht geben (Kommentar)

PKK-Chef Abdullah Öcalan hat seinen Rebellen den Befehl zum Rückzug aus der Türkei erteilt. Zur politischen Lösung der Kurdenfrage in der Türkei sei es nötig, zunächst die Gewalt zu beenden, hieß es in der Erklärung, die der PKK-Chef den Anwälten nach deren Angaben am Montag auf Imrali in die Feder diktiert hatte.

PKK-Chef Abdullah Öcalan hat seinen Rebellen den Befehl zum Rückzug aus der Türkei erteilt. Zur politischen Lösung der Kurdenfrage in der Türkei sei es nötig, zunächst die Gewalt zu beenden, hieß es in der Erklärung, die der PKK-Chef den Anwälten nach deren Angaben am Montag auf Imrali in die Feder diktiert hatte. Mit diesem Aufruf hat Öcalan wenn nicht den Kurdenkonflikt, so doch zumindest die PKK an einen Wendepunkt gebracht. Folgen die Rebellen dem Befehl ihres Chefs und leiten den Rückzug aus der Türkei ein, so ist der Krieg dort tatsächlich vorbei. Eine dauerhafte Lösung im Kurdenkonflikt würde das zwar noch nicht bedeuten, denn der türkische Staat besteht auf einer bedingungslosen Kapitulation der Rebellen und würde mit der PKK auch nach einem Rückzug nicht verhandeln.

Immerhin wäre aber nach genau 15 Jahren und 16 Tagen und nach mehr als 31 000 Toten endlich Schluss mit dem Blutvergießen in Südostanatolien, das bisher auch nach der Gefangennahme Öcalans und entgegen seiner Friedensangebote unerbittlich weiterging. Eine militärische Eskalation ist dann allerdings in Nordirak zu erwarten, wohin sich das Gros der Rebellentruppen zurückziehen dürfte - und wohin ihnen die türkische Armee folgen wird.

Verweigert die PKK ihrem Vorsitzenden die Gefolgschaft und hält sich auch nach dem 1. September in den südostanatolischen Bergen auf, dann ist der Bruch zwischen der Rebellenorganisation und ihrem Gründer vollzogen. Das würde die weitere Zersplitterung der PKK nach sich ziehen, die schon jetzt bis zum Zerreißen zwischen politischem und militärischem Flügel gespannt ist. Ohne Öcalan als Integrationsfigur würden im militärischen Flügel neue Führungskämpfe ausbrechen, in der gesamten Organisation würden sich vermehrt radikale Splittergruppen selbständig machen.

Die entscheidende Frage, wie weit Öcalans Arm innerhalb der PKK noch reicht, konnten auch seine Anwälte am Dienstag nicht beantworten. Sie konnten nur daran erinnern, dass Öcalan erst im Frühjahr und nach seiner Verhaftung in seinem Amt als PKK-Vorsitzender bestätigt wurde. Tatsächlich wird die Solidarität mit dem Chef in der PKK auf dem Papier zwar weiterhin gross geschrieben. Der bewaffnete Flügel bekannte sich aber erst vor einigen Wochen wieder stolz zu einem blutigen Terroranschlag, der eindeutig gegen die Anweisungen des Vorsitzenden verstieß. Und zahlreiche andere Anschläge in der Türkei wie auch in Deutschland wurden auch von der PKK einzelnen ihrer Untergruppierungen zugeschrieben, die mit der Friedenslinie des Vorsitzenden nicht einverstanden sind.

Öcalans Anwälte konnten gestern zwar nicht erklären, warum der Truppenrückzug erst am 1. September beginnen soll und nicht sofort. Die PKK wird diese vier Wochen nutzen, um über ihre Zukunft - mit oder ohne Öcalan - zu entscheiden.

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