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Politik: Auf Abstand

Baden-Württembergs FDP feiert ihren Sieg – blickt aber mit Sorge auf grün-schwarze Annäherungen

Eigentlich hätten Baden-Württembergs Liberale nur Grund zur Freude. Seit Sonntagabend passt nämlich das in den letzten Jahren arg strapazierte Etikett vom Land als Stammland der Liberalen wieder: Mit 11,9 Prozent holten die Freidemokraten nach langer Zeit wieder einmal das bundesweit beste FDP-Ergebnis. Sechs Monate vor der Landtagswahl putzt das besonders. Die schwarz-gelbe Koalition, die für Berlin unerreichbarer Wunschtraum blieb, erfreut sich im Südwesten dank liberaler Wähler sogar leicht gewachsenen Zuspruchs: mit 51 Prozent gegenüber 41 Prozent für die rot-grüne Opposition. Dass Günther Oettingers Dauerregierungspartei CDU dabei mit gerade noch 39,2 Prozent überdurchschnittliche Einbußen hinnehmen musste, gefällt dem Juniorpartner besonders. „Das gibt uns Rückenwind für die Landtagswahl im März“, freut sich der FDP-Spitzenkandidat, Justizminister Ulrich Goll, während Ministerpräsident Oettinger („wo mehr ist, kann auch mehr weggehen“) nunmehr nur darauf hofft, „dass wir keinen Gegenwind bekommen“.

Bezogen ist das natürlich auf die Berliner. Und auf die schaut man auch in der Landes-FDP schon wieder teils mit Ärger, teils mit Skepsis. Als „kropfunnötig“ kritisiert die Landesvorsitzende Birgit Homburger, die auch Mitglied im Bundespräsidium der FDP ist, die hochkochende innerparteiliche Debatte um den FDP-Fraktionsvorsitz im Bundestag. „Die sind schon wieder auf dem besten Weg, unser gutes Wahlergebnis kaputtzumachen. Es ist doch unerträglich, dass jetzt Krethi und Plethi meinen, sich outen zu müssen.“ Ob Amtsinhaber Wolfgang Gerhardt oder Parteichef Guido Westerwelle ihr Favorit ist, sagt die Konstanzer Bundestagsabgeordnete nicht. Hinter verschlossenen Türen sollten sich die beiden, wie zugesagt, einigen. Dass Gerhardt bei den bürgerlichen FDP-Wählern im Südwesten gut ankommt und deshalb im Wahlkampf von seinen Parteifreunden sicher besonders gern als Chef gesehen würde, darf unterstellt werden.

Auch den „Jamaika“- oder „Schwampel“-Koalitionsüberlegungen kann die baden-württembergische FDP nichts abgewinnen. „Ich hoffe, dass unsere Leute da jetzt keinen Mist machen“, stöhnt Landtagsfraktionschef Ulrich Noll. Mit Homburger und Goll weiß er sich einig. Die mögliche Regierungsbeteiligung in Berlin erkaufte man sich teuer: Mit hoffähig gemachten Grünen „würden wir uns im Land selbst den Strick flechten“. Eine Einschätzung, die Günther Oettinger natürlich nie bestätigte. Aber dass der Regierungschef noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihm Schwarz-Grün im Land wenigstens als Option zupass käme, weiß man. Da die absolute CDU-Mehrheit außer jeder Reichweite ist, taugt eine solche Möglichkeit zumindest dazu, einen aufmüpfigen liberalen Koalitionspartner zu domestizieren. Ein schwarz-gelb-grünes Bündnis in Berlin nennt Oettinger jedenfalls „nicht von vornherein undenkbar“, wenngleich eine große Koalition unter Angela Merkel wahrscheinlicher sei.

So sehen das auch die als pragmatisch bekannten Grünen, im Land jetzt wieder nur noch vierte Kraft. „Ausgeschlossen“ nennt Fraktionschef Winfried Kretschmann das Modell „Jamaika“, „extrem unwahrscheinlich“ der Landesvorsitzende Andreas Braun, und das, obwohl beide immer mal wieder über schwarz-grüne Zukunftsaussichten laut nachdenken. Es fehle nun doch am Wählerauftrag wie an Gemeinsamkeiten. Bei den Südwest-Genossen träumt man am liebsten von einer richtigen Ampelkoalition in Berlin mit positiver Ausstrahlung aufs Land. Und weiß doch, dass es dazu mit Sicherheit nicht kommt. Fraktionschef Wolfgang Drexler, der den Wahlkampf der SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Ute Vogt, managen muss, will trotzdem etwas gelernt haben: „Es geht also doch, wenn man an sich und sein Wahlziel glaubt.“ Jedenfalls fast.

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