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Politik: Auf dem Weg in die Öffentlichkeit

Von Elisabeth Binder Ihr Credo lautet Zurückhaltung. Auch im roten Kostüm entspricht sie ganz dem Musterbild einer ersten Dame, die mit dem Platz in der zweiten Reihe vollauf zufrieden ist.

Von Elisabeth Binder

Ihr Credo lautet Zurückhaltung. Auch im roten Kostüm entspricht sie ganz dem Musterbild einer ersten Dame, die mit dem Platz in der zweiten Reihe vollauf zufrieden ist. Wie ihre Vorgängerin Hillary Clinton gilt Laura Bush in manchen Kreisen als intelligenter und gebildeter als ihr Mann, aber sie geht völlig anders damit um. Lange hielt sie sich im Hintergrund, brach allerdings im Wahlkampf ihren alten Vorsatz, nie eine öffentliche Rede zu halten; inzwischen redet sie häufiger und dies mit großem Erfolg.

Einmal hielt sie sogar eine historische Rede. Im vergangenen November übernahm sie als erste First Lady der US-Geschichte die traditionelle wöchentliche Radioansprache, die normalerweise dem Präsidenten vorbehalten ist. Sie sprach über die Brutalität, mit der die afghanischen Taliban gegen Frauen und Kinder vorgehen. In den letzten Tagen war sie zum ersten Mal allein auf einer Auslandsreise in Europa. Dabei beschränkte sie sich keineswegs auf Museumsbesuche. Als um die Terrorwarnungen Streit ausbrach, mahnte Laura Bush von Budapest aus, dass Demokraten und Republikaner im Krieg gegen den Terror an einem Strang ziehen sollten. In einer Rede vor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung plädierte sie in Paris dafür, durch eine Verbesserung der Bildungssysteme die Wurzeln des Terrorismus zu bekämpfen. Sie stellte neue Bildungsinitiativen vor und berichtete über die Fortschritte beim Aufbau des afghanischen Schulwesens.

Vor allem durch den 11. September und seine Folgen hat die ehemalige Grundschullehrerin und Bibliothekarin den Weg in die Öffentlichkeit auch außerhalb der USA gefunden. Landsleute halten sie dabei für besonders glaubwürdig, gerade weil sie keine Feministin ist und zudem eine offizielle Regierungsrolle nie angestrebt hat.

Während Hillary Clinton in europäischen Karrierefrauen viele Noten zum Klingen brachte, entspricht Laura Bush eher dem Frauenbild, das im konservativ geprägten Herzland der USA geschätzt wird. Die Amerikaner danken ihr die Zurückhaltung mit vielen Umfragekomplimenten. Vor einem Jahr wurde sie von der Zeitschrift „People Magazine“ in die Liste der 50 schönsten Menschen der Vereinigten Staaten aufgenommen, Seite an Seite mit Julia Roberts und Jennifer Lopez. Im letzten Sommer schlug sie ihren Mann in einer Umfrage, in der sich mehr Amerikaner lobend über sie äußerten als über ihn.

Starke Frauen haben in der Familie Tradition – siehe Vater Bush, der gern Anekdoten über die Durchsetzungskraft seiner Frau Barbara erzählt. Ohne seine Frau Laura hätte es auch George W. Bush wohl nicht an die Spitze geschafft.

Laura Bush wurde im November 1946 als Tochter eines Bauunternehmers in Midland, Texas, geboren. Früh entwickelte sie eine Leidenschaft fürs Lesen, studierte später an der Southern Methodist University in Dallas. Als sie 17 Jahre alt war, starb bei einem selbstverschuldeten Autounfall ein enger Freund von ihr, ein Erlebnis, das ihre Spiritualität stark beeinflusst und vertieft haben soll.

George W. Bush lernte sie 1977 bei einer Grillparty kennen, die Freunde arrangiert hatten, um die beiden zusammenzubringen. Der Versuch traf offensichtlich ins Schwarze, drei Monate später standen sie vor dem Traualtar. Das war der Beginn einer Zähmung, die ihren Höhepunkt bei George W. Bushs vierzigstem Geburtstag fand, als sie ihn vor die Alternative stellte: „Jim Beam oder ich.“ Aus dem wilden texanischen Geschäftsmann wurde ein geläuterter Christ, der dem Alkohol ganz entsagte.

In jenen Jahren konzentrierte Laura sich auf die Erziehung ihrer Zwillingstöchter Barbara und Jenna. Sie liest und kocht und gärtnert gern, gilt als besonders ordnungsliebend. Außerdem engagiert sie sich gegen Analphabetismus. Über ihre Kinder und ihre Jugendprojekte unterhielt sie sich am Donnerstag angeregt mit Christina Rau.

Oft hat Laura Bush betont, wie gut sich ihre Persönlichkeit und die ihres Mannes ergänzen. Dass sie nach wie vor nie den Anschein persönlicher Profilierungsgelüste zeigt, macht sie nur noch populärer und mag letztlich auch ein Zeichen jener Intelligenz sein, die in Medienberichten immer wieder gerühmt wird, die sie aber nie in Konkurrenz zu ihrem Mann einsetzt, sondern immer nur zum Wohle seiner Ziele.

Nach dem kurzen Damenprogramm in der Alten Nationalgalerie, bei dem die kunstinteressierte Amerikanerin sich in die deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts vertiefen konnte, hörte Laura Bush im Reichstag der Rede ihres Mannes zu. Als dann die „Air Force One“ in Tegel abhob, war das offizielle Programm zwar erst einmal vorbei. Aber es ist doch sehr wahrscheinlich, dass noch vor der Landung in Moskau auf George W. Bush ein wichtiger informeller Programmpunkt wartete: die Rezension seines Auftritts durch Frau Laura.

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