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Politik: Auf ins Gefecht

Der Kanzler ist allein mit seiner Haltung, Rüstungsexporte nach China zu erlauben. Heute trifft er auf seine Kritiker – im Parlament

Von Lutz Haverkamp

Der SPD-Fraktion ist das Thema wichtig – auch weil Kanzler Gerhard Schröder die Meinung vieler sozialdemokratischer Abgeordneter nicht teilt. Während sich der Regierungschef für das Ende des Waffenembargos der Europäischen Union gegen China stark macht, ist seine Fraktion skeptisch. Am heutigen Donnerstag um acht Uhr, noch bevor der Bundestag über das Thema debattiert, will sich Schröder mit seinen Leuten treffen. Er kommt damit einer Mindestforderung der Skeptiker entgegen, die der Außenpolitiker Gert Weißkirchen in der regulären Fraktionssitzung am Montag formuliert hatte: Schröder müsse die Skepsis nicht teilen, aber er müsse Verständnis zeigen. Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt sagt, er glaube nicht, dass es nach der Sitzung noch sehr unterschiedliche Positionen zwischen Fraktion und Schröder geben werde. Der Kanzler hatte sich vor kurzem unbeliebt gemacht, weil er die Entscheidung zur Chefsache erklärt hatte: Er würde sich bei der Aufhebung des Waffenembargos notfalls über den Bundestag hinwegsetzen, hatte Schröder verkündet.

Zu einem Votum wird es am Donnerstag im Bundestag aber gar nicht kommen. Die Abgeordneten werden den Antrag der Union – formaler Anlass der Debatte – in die Ausschüsse verweisen. Erledigt ist das Thema damit nicht, auch nicht für die Koalition – am nächsten Montag hat eine Koalitionsrunde die Chinafrage auf der Tagesordnung. Offen ist bei alledem, ob der Streit nicht ohnehin einer um des Kaisers Bart ist. Die Aufhebung des Embargos muss die EU einstimmig beschließen.

Trotz des Waffenembargos der Europäischen Union, das seit dem 27. Juni 1989 in Kraft ist, liefert Deutschland Güter, Dienstleistungen und Know-how nach China, die einer Ausfuhrgenehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle unterliegen und im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung aufgeführt werden. Demnach haben im Jahr 2003 insgesamt 142 deutsche Firmen Waren im Wert von knapp 250 Millionen Euro in die Volksrepublik geliefert. Den Großteil machen so genannte Dualuse-Güter aus, also Technik, die zivil wie militärisch genutzt werden kann. Für eine Million Euro lieferten sechs deutsche Firmen Material nach China, das als Rüstung deklariert wird: Hauptsächlich waren das ozeanografische Messinstrumente, Kommunikationsausrüstung und Maschinenteile für die Astronautenausbildung. Nicht genehmigt wurden Anträge mit einem Wert von insgesamt 350000 Euro.

Insgesamt betrugen die effektiven Ausfuhren von Kriegswaffen – also ohne Dual-use-Güter – aus Deutschland im Jahr 2003 1,33 Milliarden Euro. Da Unternehmen frühzeitig, häufig noch vor Verhandlungen mit potenziellen Vertragspartnern Voranfragen stellen, liegt die Summe der genehmigten Ausfuhren um ein Vielfaches höher.

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