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Im Atomstreit wird Druck gemacht.

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Update

Auf Konfrontationskurs: EU verhängt bislang schärfste Sanktionen gegen Iran

Beim Außenministertreffen in Brüssel haben die EU-Minister das Öl-Embargo gegen den Iran formal beschlossen. Die USA loben den EU-Beschluss. Doch der Iran zeigt sich unbeeindruckt von den Sanktionen.

Im Streit über das Atomprogramm des Iran will die EU die Regierung in Teheran mit einem Ölembargo zurück an den Verhandlungstisch zwingen. Kurz vor dem Treffen der EU-Außenminister einigten sich die Botschafter der Mitgliedsstaaten am Montag in Brüssel auf die Details neuer Sanktionen. Ab dem 1. Juli kann der Iran EU-Diplomaten zufolge kein Öl mehr an Abnehmer in der Europäischen Union (EU) verkaufen. Außerdem werden Guthaben der iranischen Zentralbank eingefroren, um die Finanzierung des Atomprogramms zu erschweren. Die USA lobten den „starken Schritt“ der Europäer.

Die EU-Außenminister sollen die Sanktionen bei ihrer Sitzung am Montag formal beschließen. “Wir können nicht akzeptieren, dass der Iran nach der Atombombe greift“, sagte Außenminister Guido Westerwelle. Er fügte hinzu: „Ich rechne mit klaren Sanktionen im Energiebereich. Und das ist auch notwendig.“ Der britische Außenminister William Hague sagte zum Beginn der Sitzung: „Wir erwarten ein beispielloses Sanktionspakt.“ Mit den Sanktionen will die EU im Streit um Teherans Atomprogramm den Iran zu Verhandlungen mit der internationalen Gemeinschaft bewegen. Die Tür zum Dialog bleibe aber offen. Das Land könne die Sanktionen jederzeit beenden, wenn es der internationalen Gemeinschaft Einblick in das Atomprogramm gebe.

Die EU will mit dem Einfuhrverbot die Islamische Republik zum Einlenken im Atomstreit bewegen. Der Iran wird verdächtigt, unter dem Deckmantel ziviler Atomforschung Kernwaffen zu entwickeln. Die Regierung in Teheran bestreitet dies. “Ich will, dass der Druck dieser Sanktionen zu Verhandlungen führt“, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Die vor mehr als einem Jahr in Istanbul abgebrochenen Verhandlungen müssten wieder aufgenommen werden. Der schwedische Außenminister Carl Bildt sagte: „Sanktionen alleine sind nicht die Lösung in dieser Frage.“ Sie seien aber nötig, um mit dem Iran nach einer diplomatischen Lösung suchen zu können.

Der Iran zeigte sich bisher unbeeindruckt von der Sanktionsdrohung, obwohl die EU mit einer Ölmenge von etwa 450.000 Barrel pro Tag nach China der größte Abnehmer iranischen Erdöls ist. Die EU-Staaten hatten seit Dezember über den Beginn des Ölembargos gestritten. Deutschland und Frankreich hatten für eine kurze Übergangsfrist von drei Monaten zur Abwicklung von Altverträgen plädiert. Spanien, Italien und vor allem Griechenland forderten mehr Zeit.

Griechenland, von der Schuldenkrise ohnehin schon am schlimmsten betroffen, ist mit einem Anteil von 20 bis 30 Prozent an seinen Ölimporten stark von iranischen Lieferungen abhängig. Die EU-Staaten vereinbarten deshalb, am 1. Mai noch einmal zu prüfen, wie Griechenland gegebenenfalls bei der Beschaffung von Ersatzlieferungen unterstützt werden kann.

Der Iran hatte 2010 an den gesamten Öleinfuhren der EU nur einen Anteil von 5,7 Prozent. In einigen Staaten ist der Anteil jedoch höher: Italien ist zu 13 und Spanien zu etwa 10 Prozent auf iranisches Öl angewiesen. Für den deutschen Markt spielt iranisches Öl keine Rolle. 2010 führte Deutschland knapp 1,5 Millionen Tonnen iranisches Öl ein. Das entspricht 1,6 Prozent der deutschen Ölimporte.

Andere wichtige Ölkunden sind China, Japan und Indien. „Es gibt natürlich auch Gespräche mit anderen Abnehmerländern“, sagte Westerwelle. Seinen Informationen zufolge habe auch China „seine entsprechenden Abnahmen zurückgeführt“. Auch Japan habe sich in diesem Sinne geäußert. Nähere Angaben dazu wollte er nicht machen.

Die USA loben den EU-Beschluss. Der Iran zeigt sich unbeeindruckt.

Die EU-Staaten wollen außerdem die in Frankreich ansässige iranische Bank Tejarat kalt stellen. Ihre Guthaben sollen Diplomaten zufolge mit einer zweimonatigen Übergangsfrist vollständig eingefroren werden. Bei den Restriktionen gegen die iranische Zentralbank vereinbarten die EU-Staaten Ausnahmen. Der zivile, nicht mit dem Atomprogramm zusammenhängende Handel kann weiter über Konten der Zentralbank bezahlt werden. Auch offene Forderungen europäischer Firmen sind von der Kontensperrung ausgenommen. Dafür hatte sich die Bundesregierung eingesetzt. Ölprodukte machen mit 90 Prozent aber den Löwenanteil der iranischen Exporte aus.

Außenministerin Hillary Clinton und Finanzminister Timothy Geithner erklärten in Washington, mit den vielen anderen Sanktionen der internationalen Gemeinschaft werde dieser „neue konzertierte Druck die Wahlmöglichkeiten der iranischen Führung zuspitzen und die Kosten einer Missachtung grundsätzlicher internationaler Verpflichtungen erhöhen“.

Der Iran bestreitet, unter dem Deckmantel einer zivilen Atomforschung an der Entwicklung von Nuklearwaffen zu arbeiten. Die Führung in Teheran zeigte trotz der neuen EU-Strafmaßnahmen keinerlei Bereitschaft, im Atomstreit einzulenken. „Methoden wie diese, Druck und Sanktionen gegen den Iran sind bislang immer gescheitert“, sagte der Sprecher des Außenministeriums Ramin Mehmanparast. Vize-Außenminister Abbas Araqchi fügte nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Irna hinzu: „Je mehr sie sich (die EU) in Richtung Sanktionen bewegt, desto mehr Hürden wird es bei der Beilegung des Nuklearstreits geben.“ „Diese einseitigen Schritte sind nicht hilfreich“, kritisierte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Es bestehe kein Anlass, über die im UN-Sicherheitsrat vereinbarte gemeinsame Linie hinauszugehen. Der stellvertretende israelische Außenminister Danny Ajalon sagte am Montag in einem Interview mit „Radio Israel“, mit den Sanktionen der EU sei die Kriegsgefahr gesunken.

Demonstrativ passierte der US-Flugzeugträger „Abraham Lincoln“ trotz massiver Drohungen aus dem Iran unbehindert die Meerenge von Hormus in den Persischen Golf. Er wurde von britischen und französischen Kriegsschiffen begleitet. Der Iran hatte gedroht, die Meerenge für den Schiffsverkehr - vor allem für Tankschiffe mit Öl für den Westen - zu sperren. Washington wiederum drohte dem Iran für diesen Fall mit militärischer Gewalt. (AFP/dpa)

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