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Politik: Auf Kosten der Opfer

Tschetscheniens neuer Präsident bricht sein Wahlkampfversprechen

Die Aura des Hoffnungsträgers ist dahin: Schon mit einer seiner ersten Amtshandlungen verfügte der neue tschetschenische Präsident Ahmad Kadyrow die vorläufige Einstellung der Auszahlung von Entschädigungen für Verluste während des Kriegs in Tschetschenien. Dabei hatte Kadyrow auch deshalb die Wahl am vergangenen Sonntag gewonnen, weil er Entschädigungen versprochen hatte. Von Russlands Präsident Wladimir Putin und Moskaus Kassenwart Alexej Kudrin war das ausdrücklich gedeckt.

Mit insgesamt 20 Milliarden Rubel (rund 600 Millionen Euro) wollte Moskau die Opfer entschädigen. Leistungen, auf die nach zehn Jahren Krieg fast jeder Tschetschene Anspruch hat. Laut Volkszählung vom letzten Herbst wären das immerhin fast eine Million.

Das und die Zahlungsfristen – Putin hatte von fünf bis sechs Monaten gesprochen – dürfte Russlands Haushalt bei weitem überfordern. Ein Teil der Beobachter tippt daher auf direkte Anweisungen aus Moskau für den vorläufigen Zahlungsstopp.

Kadyrow selbst begründete die Maßnahme mit der Notwendigkeit der Prüfung von Anträgen der Bedürftigen. Die wäre in der Tat angebracht, allerdings eher vom russischen Rechnungshof. Bisher nämlich profitierten von den Zahlungen statt der Opfer vor allem Kadyrow und dessen Apparat.

Eine tschetschenische Journalistin berichtete, Beamte hätten zunächst für die Vergabe einer niedrigen Registriernummer kassiert – die Anträge werden in der Reihenfolge ihres Eingangs abgearbeitet. Dann hätten sie auch noch bis zu ein Drittel der Entschädigungssumme behalten. Kadyrow habe zudem die Verwaltungschefs in Siedlungen und Kreisen direkt angewiesen, die Zahlung von der Stimmabgabe für ihn abhängig zu machen. Bei Zuwiderhandlung sei den Betroffenen angedroht worden, überhaupt nicht berücksichtigt zu werden oder einen Platz ganz am Ende der Schlange zu bekommen.

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