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Beratungsresistent? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache.

© Michael Kappeler/dpa

Aufarbeitung der eigenen Mautaffäre: Verkehrsminister Scheuer gibt mehr als 600.000 Euro für Berater aus

Schwere Vorwürfe im Fall Amri +++ Union will Koalitionsvertrag erneuern +++ Streit um Geld für Kohleausstieg+++

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Worüber spricht die Hauptstadt? Über die Zukunft der Groko. Weil sich Union und SPD auf eine Fortsetzung einrichten, wollen sie jetzt den Koalitionsvertrag erneuern. Die Parteien sollten sich nach ihren Parteitagen „hinsetzen, den Koalitionsvertrag überarbeiten und festlegen, wie sie das Land voranbringen können“, sagte Unionsfraktionsvize Linnemann der FAZ. Es sei „Quatsch, in diesen schnelllebigen Zeiten einen Koalitionsvertrag für vier Jahre auszuhandeln“. Als Beispiel für neue Vorhaben nannte Linnemann die Europäisierung des CO2-Zertifikatehandels.

Auch der CDU-Vorschlag für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr soll vorangetrieben werden. Wie schwierig Verhandlungen über ein neues Programm werden, hängt aber davon ab, wer künftig die SPD führt. Kandidatin Esken beispielsweise fordert einen Mindestlohn von mindestens zwölf Euro und das Ende der schwarzen Null im Bundeshaushalt.

Wer heuert weiter Berater an? Verkehrsminister Scheuer. Der CSU-Mann hat bisher etwa 611.000 Euro zur Aufarbeitung der eigenen Maut-Affäre ausgegeben. Das geht aus einer Antwort an den Grünen-Haushaltsexperten Kindler hervor, die den Kollegen von Tagesspiegel Background vorliegt. Für Scheuers nach dem Maut-Aus eingerichtete Task Force wurden rund 2600 Stunden „rechtliche und wirtschaftliche Beratung“ erbracht.

Kindler kritisiert, Scheuer sei erneut bereit, Steuergeld für Berater zu verschwenden, um sich aus der Mautaffäre zu ziehen. „Die externen Berater haben Scheuer in den letzten Monaten ganz offenbar nicht dabei geholfen aufzuklären, sondern wurden dazu eingesetzt sein Ministeramt zu retten und von seinem eigenen Versagen abzulenken.“ Besonders pikant: Das Verkehrsministerium hat bereits enorme Berater-Ressourcen in das gescheiterte CSU-Prestigeprojekt gesteckt.

Worüber dürfte es noch Streit geben? Das 40-Milliarden-Paket für die Kohleausstiegs-Länder. Die Summe steht zwar, etwa zwei Milliarden werden es bis 2038 jährlich sein. Der Knackpunkt ist jetzt, wie das Geld verteilt wird. Die vier Ministerpräsidenten der Braunkohleländer haben schon ihren Unmut bekundet.

Sie fordern ein Sondervermögen, also eine Art Fonds: Der Bund gibt die jährlich festgelegte Summe hinein, die Länder ziehen sie verabredungsgemäß ab. Aber ein solches Sondervermögen hat Finanzminister Scholz bisher abgelehnt. Denn es hat einen Nachteil: Das Geld liegt dann zwar bereit, aber fließt es auch so ab wie gewünscht? Da will Scholz den Daumen draufhaben. Wie es langfristig weitergeht, ist offen.

Was spitzt sich zu? Der Konflikt um die 1000-Meter-Regel für Windkraft. Erneuerbaren-Verbände und Umweltorganisationen sehen dadurch den Ausbau der Windkraft massiv in Gefahr. Auch Umweltministerin Schulze lehnt die aktuellen Pläne von Wirtschaftsminister Altmaier, wie sie im Kohlegesetz geregelt sind, ab.

Dabei stört sie sich offenbar nicht an den geplanten 1000 Metern Abstand zwischen Wohngebieten und Windkraftanlagen, sondern daran, dass die Abstandspflicht bereits für Siedlungen ab fünf Häusern gelten soll. Umweltorganisationen sehen aber schon allein die pauschalen Abstandsregeln als Katastrophe und erwarten von Schulze, dass sie „diese Attacke auf die Energiewende“ abwehrt. Alle Details dazu lesen Sie hier.

Was sorgt für große Aufregung? Die Aussage eines Kriminalhauptkommissars im Amri-Untersuchungsausschuss. Der Polizist ist bis heute wütend – weil ein Informant, der schon früh auf die Gefährlichkeit des späteren Attentäters Amri hinwies, nicht ernst genug genommen wurde. Man habe ihm sogar mitgeteilt, der Informant mache „zu viel Arbeit“, berichtete der Polizist. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sind entsetzt. FDP-Obmann Strasser sagt: „Wenn eine V-Person, die als einzige Quelle auf die Gefahr von Anis Amri aufmerksam gemacht hat, mundtot gemacht werden sollte und das auch vom Innenminister ausgegangen sein soll, wäre das ein erschütternder Skandal.“

Wo wurde es gestern spät? In der Papierkneipe. Von Donnerstag auf Freitag fand mal wieder die mythenumrankte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses statt, die letzten Details des Bundeshaushalts 2020 mussten festgezurrt werden. Zwischendurch und nach getaner Arbeit blüht bei dieser Gelegenheit immer die Papierkneipe auf, eine Art Teeküche im Aktenraum des Ausschusssekretariats, direkt neben dem Sitzungssaal. Bei einem kühlen Getränk wird die Lage erörtert. Früher stand dort ein Fass Bier auf dem Tisch, heute sind es Bierflaschen. Es ist der Saisonhöhepunkt für die 44 Frauen und Männer, die in dem Ausschuss sitzen. Unser Finanzexperte Albert Funk hat sich den „Mythos“ Bereinigungssitzung genauer angeschaut.

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