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Politik: Aufregung über Interview von Erdogan

Berlin - Ein Interview versetzte die Türkei in dieser Woche in Aufregung. „Meine Tochter findet das Kopftuch schick“, zitierte die auflagenstarke Zeitung „Hürriyet“ den Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan auf der Titelseite.

Berlin - Ein Interview versetzte die Türkei in dieser Woche in Aufregung. „Meine Tochter findet das Kopftuch schick“, zitierte die auflagenstarke Zeitung „Hürriyet“ den Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan auf der Titelseite. In den Unterzeilen schrieb das Blatt, was die Kontrahenten des Politikers all die Zeit über befürchteten: Ministerpräsident Erdogan sagte in der „Welt am Sonntag“: „Ich halte das Verbot von Kopftüchern an Hochschulen für einen Fehler.“

Hat der Politiker mit radikal-islamischen Wurzeln jetzt Farbe bekannt? Die Zitate führten dazu, dass das Land erneut über das Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen diskutiert. Aber Erdogan dementierte zunächst, je mit Christoph Keese, dem Chefredakteur der „Welt am Sonntag“, gesprochen zu haben. Er kenne ihn nicht einmal. Dass eine Debatte um die Frage, wie islamisch das Land ist, das in die EU will, noch aussteht, zeigte ein Kommentar in der liberalen Zeitung „Radikal“: „Wenn wir über die Religionsfreiheit in unserem Land diskutieren wollen, fangen wir doch erst bei der Frage an, ob wir den Religionsunterricht in den Schulen nicht auf freiwillige Basis stellen wollen“, hieß es darin ungeachtet der Worte von Erdogan.

Das Dementi erschien in den türkischen Zeitungen zusammen mit einer Erklärung von Keese. Darin widerlegte der Journalist sämtliche Vorwürfe. Das Interview habe er am 28. Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos während der Pause einer von ihm moderierten Diskussion geführt. Erdogan sei bei dieser Veranstaltung zu Gast gewesen. TV-Sender, so auch CNN Turkey, hätten gefilmt, wie er und Erdogan nebeneinander an einem Tisch saßen. Ein Dolmetscher habe übersetzt. Als weiterer Beweis dient eine E-Mail von Erdogans Berater Cuneyd Zapsu, die Keese drei Tage später in Berlin vorfand. Darin bat Zapsu, das Interview an ihn zu schicken, um es abzustimmen. Ebenso liegt Keese die E-Mail vor, mit der Zapsu das Interview zum Abdruck freigab. „Es erschien ohne Kürzungen genau in dieser Fassung“, sagt Keese. Erst nachdem die Vorwürfe zweifelsfrei widerlegt waren, bestätigte auch die türkische Regierung, dass es das Interview gegeben habe und es zum Abdruck freigegeben worden sei.

Man bedauere die Aufregung und bitte um Verständnis, heißt es nun. Doch damit ist die Sache vermutlich noch nicht ausgestanden. „Die Rechnung der Krise zahlt jetzt Zapsu“, titelte „Milliyet“ am Donnerstag.

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