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Politik: Aufstieg des Jahres

Franz Müntefering

„Ich habe das Amt nicht gesucht“, beteuert der alte und neue SPD-Chef Franz Müntefering zum Jahresende in einem „Stern“-Interview, um dann im Detail zu berichten, wie Frank-Walter Steinmeier ihm den Parteivorsitz antrug. An jenem 7. September, einem Sonntag, kommt die SPD-Führung in einem Wellnesshotel am Schwielowsee zusammen, um Steinmeier zum Kanzlerkandidaten zu küren. Darauf haben sich der populäre Außenminister mit dem angeschlagenen SPD- Chef Kurt Beck in den Wochen zuvor verständigt. Müntefering soll in einer Art Troika eine herausgehobene Rolle im Wahlkampf spielen.

Am Vorabend des Treffens kommen Beck Zweifel an der Absprache, als er erfährt, dass Sonntagszeitungen und der „Spiegel“ berichten, Steinmeier habe ihn zum Verzicht auf die Kanzlerkandidatur genötigt. Beck sieht seine Befürchtung bestätigt, im Machtgefüge der SPD an den Rand gedrängt zu werden. Am Sonntagmorgen verkündet er den Rücktritt. Und Steinmeier greift zum Telefon. „Dann hat er mich gebeten“, erinnert sich Müntefering. „Ich habe mich kurz gewehrt, dann sagte er: Du weiß genau, dass das eine vernünftige Lösung wäre. Gut, habe ich geantwortet, dann mache ich das.“

Müntefering mag das Amt nicht gesucht haben, aber er tat einiges dafür, dass es frei wurde. Bereits in seiner Zeit als Vizekanzler hielt er Beck für eine Fehlbesetzung. Daran änderte auch der Rücktritt als Arbeitsminister und Vizekanzler im November 2007 nichts, zu dem sich Müntefering entschlossen hatte, um seine krebskranke Frau zu pflegen. Seinen ersten größeren Parteiauftritt nach ihrem Tod absolviert er am 3. September in München mit einer markigen Kampfansage an die CSU. Am selben Tag gibt der Herder-Verlag den Titel von Münteferings Buch bekannt: „Macht Politik!“

Dem Anspruch an politische Führung sind er und Steinmeier allerdings noch nicht gerecht geworden. Auch in den Umfragen schlägt sich der Führungswechsel bisher nicht positiv nieder. Müntefering ist zurück, die SPD noch nicht. has

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