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Hand aufs Herz: Erdogan am Sonntag in Karlsruhe.

© AFP

Auftritt in Karlsruhe: Erdogans Wahlkampf in Deutschland - Lasst ihn reden!

Deutschstämmige in Wisconsin gründen Schuhplattlervereine, irischstämmige Amerikaner feiern den St. Patrick’s Day. Warum also soll der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, nicht Wahlkampf in Deutschland machen? Ein Kurzkommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Die Welt ist ein Dorf, in dem sich der mobile Migrant überall heimisch fühlen kann. Dank billiger Flüge jettet er hin und her, durch Skype und Facebook bleibt er eng mit den Freunden von einst verbunden, per Satellitenfernsehen verfolgt er die Nachrichten von zu Hause. Der moderne Migrant führt eine Doppelidentität. Deutschstämmige in Wisconsin gründen Schuhplattlervereine, irischstämmige Amerikaner feiern den St. Patrick’s Day, der israelische Ministerpräsident macht Wahlkampf in Amerika, und Barack Obama ging einst auf Stimmenfang vor der Siegessäule. So ist das nun mal. Von den drei Millionen türkischstämmigen Menschen, die in Deutschland leben, sind mehr als die Hälfte Staatsbürger der Türkei. Dieses Wählerpotenzial will sich der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, nicht entgehen lassen. Seine vom türkischen Fernsehen live übertragene Ansprache in Karlsruhe stand denn auch ganz im Zeichen der Parlamentswahl am 7. Juni. Damit verstößt er zwar gegen die Verfassung seines eigenen Landes, aber das ist eine Sache zwischen ihm und der türkischen Justiz. In Deutschland sollte man seinen Auftritt nicht dramatisieren. Erdogans Politik zu Hause ist weitaus schlimmer als sein Wahlkampf hier.

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