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Politik: Augusto Pinochet: Ex-General: "Früher oder später wird man uns dafür richten"

Die Entscheidung ist gefallen - zumindest in erster Instanz: Der chilenische Richter Juan Guzman Tapia entschied am Montag, Ex-Diktator Augusto Pinochet wegen Entführung in 18 Fällen und Tötung in 57 Fällen im Zusammenhang mit der berüchtigten "Todeskarawane" anzuklagen. Die Entscheidung überraschte alle Beteiligten, denn die Regierung ist eigentlich an einem Ende des langwierigen Prozesses um den 85-jährigen Ex-Diktator interessiert, der vor allem das Verhältnis zum Militär belastet.

Die Entscheidung ist gefallen - zumindest in erster Instanz: Der chilenische Richter Juan Guzman Tapia entschied am Montag, Ex-Diktator Augusto Pinochet wegen Entführung in 18 Fällen und Tötung in 57 Fällen im Zusammenhang mit der berüchtigten "Todeskarawane" anzuklagen. Die Entscheidung überraschte alle Beteiligten, denn die Regierung ist eigentlich an einem Ende des langwierigen Prozesses um den 85-jährigen Ex-Diktator interessiert, der vor allem das Verhältnis zum Militär belastet. Doch die Erklärung von Ermittlungsrichter Guzman bezeichnet Pinochet als "geistigen Urheber" des Hinrichtungskommandos, im Zuge dessen einen Monat nach dem blutigen Militärputsch im September 1973 zahlreiche Regimegegner im ganzen Land ermordet wurden.

Die damaligen Ereignisse erhielten in der letzten Woche neue Aktualität durch die Enthüllungen des 80-jährigen Ex-Generals Joaquin Lagos Osorio. Als erster hochrangiger Militär des Andenlandes trat Lagos Osorio mit Details über Folter und Verstümmelungen an den Gefangenen innerhalb der "Todeskarawane" an die Öffentlichkeit und erklärte, er habe Pinochet schon damals vor den späteren Folgen der Brutalität gewarnt: "Früher oder später wird man uns dafür richten, insbesondere Sie als Oberkommandierenden der Streitkräfte", so sei laut Lagos Osorio der Wortlaut gewesen.

Die Tatsache, dass Pinochet gegenüber Richter Guzman jegliche Verantwortung leugnete, habe ihn zu seiner Offenbarung bewogen, so Lagos Osorio: "Ich habe geglaubt, er würde jetzt die Wahrheit sagen." Guzman ordnete nun erneut Hausarrest für Pinochet an. Ein ähnliches Urteil hatte das Oberste Gericht Chiles im vergangenen Dezember abgelehnt, weil Guzman die rechtlich vorgeschriebenen medizinischen Untersuchungen und eine persönliche Befragung des Angeklagten vor der Anklageerhebung nicht durchgeführt hatte. Beides konnte der Ermittlungarichter nach langen Streitigkeiten mit der Verteidigung des Ex-Diktators in den letzten Wochen durchsetzen. Augusto Pinochets geistiger Zustand sei "extrem normal", beschied Guzman sechs Tage nach seinem persönlichen Gespräch mit dem früheren General und Diktator.

Zwar erscheint der Gesundheitszustand des Angeklagten derzeit labil: Pinochet musste am vergangenen Freitag erneut wegen Durchblutungsschwierigkeiten im Hirn in ein Militärkrankenhaus eingeliefert werden und erholt sich derzeit in seinem Wohnsitz "Los Boldes". Doch im chilenischen Recht zählt nur die geistige Prozessfähigkeit, der physische Zustand eines Beschuldigten spielt keine Rolle bei der Aufnahme eines Verfahrens.

Es wurde erwartet, dass die Verteidiger Pinochets noch am Montag Berufung gegen die jetzigen Entscheidung einlegt. Die derzeitige Zusammensetzung der Richter sowohl im Berufungsgericht wie auch im Obersten Gericht lässt die Erfolgsaussichten für die Verteidigung allerdings gering erscheinen. Vermutlich wird Guzman jedoch mit der Durchsetzung des Hausarrests, für den Pinochets jetziger Aufenthaltsort Los Boldos vorgesehen ist, auf die endgültige Entscheidung des Gerichts warten.

Anne Grüttner

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