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Politik: Aus dem Kopf geklagt

Bushs geheimes Abhörprogramm vor Gericht

Präsident George W. Bushs geheimes Abhörprogramm zur Terrorabwehr erlebt eine ernste juristische Überprüfung. Drei Richter in San Francisco haben am Mittwoch zwei Klagen angehört, „mit viel Sympathie für die Argumente der Kläger“, wie die „New York Times“ berichtet. Zuvor waren Gerichte stets dem Verlangen der Regierung gefolgt, jede Klage abzulehnen, da eine öffentliche Erörterung vor Gericht die nationale Sicherheit gefährde. Zudem mussten Betroffene erst mal beweisen, dass ihre Anrufe oder Emails abgefischt wurden – und dass ihnen dadurch ein Schaden entstanden sei.

Warum ihnen das bisher so schwer fiel, das zeigen die Details der beiden Fälle – ein kafkaesk anmutender Teufelskreis, der die vorgesehenen Kontrollen der Gewaltenteilung aushebelt. Jeder Beteiligte ist unter Strafe zum Schweigen verpflichtet, das Programm ist ja geheim. Dennoch ist ein Techniker der Telefongesellschaft AT&T offenbar bereit auszusagen, als Zeuge einer Sammelklage, die von Bürgerrechtsorganisationen wie der ACLU unterstützt wird. Er hatte dem Inlandsgeheimdienst NSA geholfen, 2004 eine Anlage zu installieren, die massenhaft Telefon- und E-Mailverkehr überprüft. Das widerspricht der Behauptung der Regierung, es werde nur in wenigen gezielten Fällen abgehört, in denen der Ausgangspunkt der Kommunikation ein einschlägig Verdächtiger im Ausland sei.

Die Grundrechte von US-Bürgern seien gar nicht betroffen – dies war Bushs Argument, warum nicht einmal die sonst vorgeschriebene Genehmigung des geheim tagenden Überwachungsgerichts der NSA für eine Abhörmaßnahme nötig sei.

Noch absurder ist der zweite Fall: Die saudische Al-Haramain-Islam-Stiftung, die im Verdacht steht, Spenden für Al Qaida zu sammeln, bekam mit ihren Steuerunterlagen 2004 versehentlich ein Dokument, das Abhörmaßnahmen bestätigt. Die Behörden bemerkten den Irrtum, kurz darauf beschlagnahmte das FBI das Dokument. Die Festplatte des Computers des Al- Haramain-Anwalts Jon Eisenberg wurde amtlich gelöscht, unter Berufung auf den geheimen Charakter des Programms. Die Klage dagegen musste Eisenberg ohne Unterlagen in einem abgeschirmten Raum direkt in einen Computer des Justizministerium tippen und das konfiszierte Beweisstück aus dem Gedächtnis zitieren. Er bekam keine Kopie seiner Klage.

Die drei Richter, ernannt von den demokratischen Präsidenten Carter und Clinton, sagen nun, dass auch in Terrorzeiten Regierungshandeln kontrolliert werden müsse. „Geheim“ sei das Programm nicht mehr. US-Zeitungen haben es schon 2005 aufgedeckt und seither breit berichtet.

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