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Politik: Aus der Schlappe nichts gelernt

Von Sabine Heimgärtner, Paris Der Erfolg des rechtsextremen Jean-Marie Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen hat in Frankreich die Parteienlandschaft völlig durcheinander gewirbelt. Viel Zeit zum Ordnen bleibt aber weder den Linken noch den Rechten.

Von Sabine Heimgärtner, Paris

Der Erfolg des rechtsextremen Jean-Marie Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen hat in Frankreich die Parteienlandschaft völlig durcheinander gewirbelt. Viel Zeit zum Ordnen bleibt aber weder den Linken noch den Rechten. Denn bereits in der Nacht zum Montag fiel in den 577 Wahlkreisen des Landes der Startschuss für die Wahlen zur Nationalversammlung. Der erste Wahlgang ist am 9., der zweite am 16. Juni. Mit mehr als 8400 Kandidaten bewerben sich so viele Kandidaten wie schon lange nicht mehr für einen Sitz im Parlament.

Schwer angeschlagen ist die Linke, besonders die Sozialisten nach der Niederlage ihres Spitzenkandidaten Lionel Jospin. Mit einem schnell zusammengestrickten Wahlprogramm soll Parteichef Francois Hollande dafür sorgen, dass man die kommenden fünf Jahre nicht auf der Oppositionsbank verbringen muss. Neueste Umfragen zeigen jedoch, dass die Wähler dem Umschwung der Linken nicht trauen, auch wenn die neuen Ziele unter dem Motto „Mit der Linken, für den Fortschritt“ endlich das erwartete Links-Bekenntnis repräsentieren.

Die neue Strategie der Sozialisten zielt ins Leere, weil der wieder gewählte Staatspräsident Chirac mit Jean-Pierre Raffarin einen Mann zum Übergangs-Premier ausgewählt hat, der sich ähnliche Ziele ans Revers heftet und zudem ein Mann der Basis ist, der Sozialisten wenig Angriffsfläche bietet. Außerdem beschworen die Sozialisten seit Monaten das Ende der so genannten Kohabitation. Nun sind sie gezwungen, diese Zwangsehe eines konservativen Präsidenten mit einem linken Regierungschef zur eigenen Rettung anzupreisen.

Zusätzlich gibt es organisatorische Schwierigkeiten. Die Sozialisten haben ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 32 Jahren eingefahren, die Grünen sind mit 5,5 Prozent im unbedeutenden Bereich geblieben und die Kommunisten mit 3,4 Prozent erst recht. Wie auf diesem Trümmerfeld die propagierte „Gauche unie“, Vereinte Linke, entstehen soll, können nicht einmal die Betroffenen erklären. Mit Mühe ist es der Sozialistischen Partei zwei Tage vor Anmeldeschluss für die Parlamentswahlen gelungen, in 170 der 577 Wahlkreise gemeinsame Kandidaten aufzustellen.

Die Gefahr ist groß, dass die Linken an ihrer Aufsplitterung scheitern. Damit würden sie das Feld erneut dem bürgerlichen Lager und den Rechtsextremen überlassen. Denn mit der Ankündigung von Le Pen, in allen Wahlkreisen Kandidaten aufzustellen, ist der rechtsextreme Spuk noch lange nicht vorbei. Rein rechnerisch könnte sich dessen Lager in 319 der 577 Wahlkreise für den zweiten Wahlgang qualifizieren, wenn wieder fast zwanzig Prozent die Ultrarechten bevorzugen. Die Konservativen haben darauf schneller eine Antwort gefunden. Zwei Tage nach dem Le-Pen-Desaster verordnete Chirac die Gründung einer konservativen Sammelpartei. Die „Union für die Mehrheit des Präsidenten“ (UMP), unter deren Dach Chiracs Neogaullisten RPR und die Zentrumspartei Demokratische Liberale (DL) von Alain Madelin geeint sind, stellten 533 Einheitskandidaten auf. Die Union der Demokratischen Liberalen (UDF) aber ist nicht geschlossen zum Mitmachen bereit. Parteichef Francois Bayrou, der als Präsidentschaftskandidat mit knapp sieben Prozent auf Platz vier kam, will seine Lorbeeren alleine ernten und ernannte rund 100 eigene Kandidaten.

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