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Politik: Aus für den Rivalen

Algeriens Staatspräsident Bouteflika entlässt den Ministerpräsidenten

Zusätzlich zum Geiseldrama gibt es in Algerien jetzt auch noch eine heftige politische Krise: Es geht um die Macht im Land. Algeriens Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika (66) feuerte seinen Regierungschef Ali Benflis (58). Aus den beiden früheren politischen Weggefährten waren in den letzten Monaten verfeindete Rivalen geworden. Weil sie politisch weit auseinander lagen. Und weil Benflis kein Geheimnis daraus machte, dass er Bouteflika im kommenden Jahr vom Sockel stoßen und selber Präsident werden möchte.

Die beiden Spitzenrepräsentanten Algeriens hätten sich freilich keinen schlechteren Zeitpunkt für ihr Duell aussuchen können. Ausgerechnet jetzt, wo sich hinter den Kulissen etwas im Entführungsfall der 31 europäischen Urlauber, darunter 15 Deutsche, zehn Österreicher und vier Schweizer, zu bewegen scheint.

Auch wenn es von Algeriens Regierung gerade wieder einmal dementiert wird: Es gibt wenig Zweifel daran, dass geheime Kontakte zu den Entführern bestehen und die algerischen Sicherheitskräfte offenbar wissen, wo sich die Geiselnehmer, möglicherweise islamistische Extremisten, aufhalten.

Nur ob ein schnelles Ende oder ein langes Ringen bevorsteht, ist unklar. „Dass ein Minister etwas bestätigt und 24 Stunden später das Gegenteil sagt, ist normal unter den Ministern Bouteflikas", kommentiert die nationale Zeitung „Le Matin" das Chaos in der Führung. Unklar ist derweil, wie der beim Volk unpopuläre Bouteflika nach diesem Tiefschlag gegen seinen aufmüpfigen und durchaus angesehenen Rivalen Benflis den Staat aus der Krise und das Geiseldrama zu einer Lösung führen will. Bouteflika, der 1999 vom allmächtigen Militär in fragwürdigen Wahlen zum Präsidenten gekürt wurde, gilt heute als einsamer denn je. Und seine Zeit scheint nach gescheiterten politischen wie wirtschaftlichen Reformen langsam abzulaufen.

Ralph Schulze[Madrid]

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