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Politik: Aus Mangel an Befehlen

Der Mord am „Grenzverletzer“ Gartenschläger bleibt ungesühnt

Mit einem Freispruch und einer Verfahrenseinstellung ist der so genannte „Gartenschläger-Prozess“ in Berlin am Donnerstag zu Ende gegangen. Nach Ansicht des Landgerichts hat die Stasi 1976 den Tod des „Grenzverletzters“ Michael Gartenschläger billigend in Kauf genommen. Es sprach aber den ehemaligen Stasi-Offizier Helmut H. (70) frei, da er an den Befehlen, die zum für Gartenschläger tödlichen Einsatz führten, nicht beteiligt war. Stasi-Offizier Wolfgang S. (61) hingegen muss sich eine „Aufforderung zum Mord“ nach DDR-Recht anlasten lassen, da er in der Befehlskette eine maßgebliche Rolle spielte. Straffrei bleibt er nur, weil dies verjährt ist. Zudem schloss das Gericht nicht aus, dass Gartenschläger in Notwehr erschossen wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte je dreieinhalb Jahre Haft wegen Mittäterschaft an einem Totschlag gefordert.

Gartenschläger, damals 32 Jahre alt, stahl im April 1976 in der Nähe von Lübeck zwei der berüchtigten Splitterminen „SM-70“ vom Westen aus vom Grenzzaun der DDR und stellte mit Hilfe des „Spiegels“ die DDR bloß. Die hatte die Existenz dieser völkerrechtswidrigen Minen bestritten. Erich Mielke selbst soll befohlen haben, Gartenschläger festzunehmen beziehungsweise zu vernichten oder zu liquidieren, wie es dann in einem Maßnahmeplan der Stasi formuliert wurde. Als Gartenschläger sich in der Nacht zum 1. Mai 1976 erneut der Grenze näherte, wurde er von einer Stasi-Kompanie erschossen. Wolfgang S. war damals Chef dieser Einsatzkompanie. Die Staatsanwaltschaft glaubte, Gartenschläger sollte sowieso erschossen werden. Die Richter sind hingegen überzeugt, die Stasi wollte Gartenschläger nur töten, wenn er nicht festzunehmen war.

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