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Politik: Aus Mangel an Beweisen

Ermittler entlasten den UN-Generalsekretär

Auf Schritt und Tritt verfolgten die Kameras Paul A. Volcker, als er am Dienstagmorgen seinen Untersuchungsbericht bei Generalsekretär Kofi Annan am Hauptsitz der Vereinten Nationen (UN) in New York abgab. Doch der Inhalt des Papiers, das die Rolle des UNChefs im Skandal um das Öl-für-Lebensmittel-Programm im Irak untersucht, war weit weniger dramatisch als die Inszenierung. Es gebe nicht genügend Beweise dafür, dass Annan von der Vergabe eines Millionenvertrages aus dem Hilfsprogramm an die Schweizer Firma Cotecna wusste, bei der sein heute 31-jähriger Sohn angestellt war, heißt es dort. Gleichzeitig kritisiert die von dem ehemaligen US-Notenbank-Chef Volcker angeführte Kommission jedoch, dass Annan falsch reagierte, als er schließlich von dem potentiellen Interessenkonflikt erfuhr.

Schlechte Noten verteilen die Ermittler an seinen Sohn Kojo und die CotecnaVertreter. Sie hätten die Untersuchungen behindert, Annan Senior und die Öffentlichkeit belogen und die Wahrheit auch den Ermittlern nur scheibchenweise freigegeben. Cotecna hatte Ende 1998 formal korrekt als billigster Bieter den Zuschlag für Aufträge im Umfang von zehn Millionen Dollar jährlich im Zusammenhang mit dem humanitären Programm erhalten. Die Schweizer sollten die Einhaltung des Wirtschaftsboykotts gegen das Regime von Saddam Hussein überwachen. Aber zur selben Zeit und noch während der folgenden fünf Jahre zahlte das Unternehmen insgesamt 165000 Dollar Honorar an Kojo Annan. Dies hatte ein Firmensprecher bestätigt.

Nach Angaben des Firmensprechers sollen die Zahlungen Teil eines Vertrages gewesen sein, der Kojo Annan verpflichtete, seine Kenntnisse aus seiner früheren Arbeit für Cotecna in Westafrika nicht an die Konkurrenz zu verkaufen. Doch die lange Laufzeit und mangelnde geographische Beschränkung des Vertrages seien weder nach Schweizer noch nach US-Recht zulässig, berichtete die „Financial Times“. Zudem habe die Firma ihrem angeblichen Ex-Angestellten noch 1999 Spesen in fünfstelliger Höhe erstattet.

Dass die Bezahlung durch eine UN-Vertragsfirma Verdacht erweckt, muss Kojo Annan und seinem Vater schon seit 1999 bewusst gewesen sein, als der britische „Daily Telegraph“ erstmals über die anrüchige Verbindung berichtete. Doch damals bat Kojo Annan lediglich darum, ihn künftig von den Konten anderer Firmen aus dem Besitz der Cotecna-Eigentümer, der Gebrüder Elies-Georges Massey und Robert Massey, zu bezahlen. Ab Februar 2000 gingen die Überweisungen schließlich an eine Londoner Briefkastenfirma namens Westexim. Offenkundig sollten Quelle und Ziel der Zahlungen verschleiert werden. Auch wenn all das mit dem UN-Auftrag nichts zu tun hatte, bleibt die Frage, warum auch Generalsekretär Annan in den Jahren 1996 bis 1998 gleich dreimal mit den Cotecna-Eigentümern zu privaten Gesprächen zusammentraf, wie die „Financial Times“ enthüllte.

Der Untersuchungsbericht hält fest, dass Kofi Annan entsprechend der gängigen UN-Politik nicht persönlich in die Auftragsvergabe an Cotecna eingebunden war. Als er schließlich Anfang 1999 von dem potentiellen Interessenkonflikt durch einen Bericht des „Sunday Telegraph“ erfuhr, habe er allerdings eine unzureichende Untersuchung eingeleitet. Statt seinen Stabschef S. Iqbal Riza damit zu beauftragen, hätte Annan eine unabhängige Stelle wie das UN-Büro für Interne Angelegenheiten und die juristische Abteilung beauftragen müssen, kritisiert der Report.

Riza berichtete nach Nachforschungen, die nur einen Tag dauerten, dass Kojo Annan vor der Vergabe des Auftrages an Cotecna bei der Schweizer Firma im Herbst 1998 ausgeschieden war und niemand der UN-Verantwortlichen sich des Interessenkonflikts bewusst gewesen sei. Das stellte sich jedoch im Nachhinein als falsch heraus. „Die Ermittlungen waren eindeutig unzureichend“, sagte Volcker am Dienstag. Hätte es damals eine sorgfältigere Untersuchung der Vorwürfe gegeben, wäre der Vertrag der Cotecna mit den UN wahrscheinlich nicht erneuert worden. So lief es bis zur US-Invasion im März 2003 weiter.

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