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Heute das Plädoyer der Verteidiger, morgen das Urteil gegen Oskar Gröning (M.)

© Axel Heimken/Reuters

Auschwitz-Prozess in Lüneburg: Verteidigung fordert Freispruch für Oskar Gröning

Das Urteil im Lüneburger Prozess soll bereits morgen verkündet werden. Der „Buchhalter von Auschwitz“ ergreift ein letztes Mal das Wort.

Im Prozess gegen den früheren „Buchhalter von Auschwitz“ soll bereits an diesem Mittwoch ein Urteil verkündet werden. Die Verteidiger des 94-jährigen Angeklagten Oskar Gröning forderten am Dienstag einen Freispruch für ihren Mandanten, dem die Staatsanwaltschaft Hannover Beihilfe zum Mord an mindestens 300.000 Menschen im nationalsozialistischen Vernichtungslager Auschwitz vorwirft.

Die Staatsanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche 3,5 Jahre Haft gefordert, zugleich aber eine Anrechnung eines Teils der Strafe wegen der „rechtsstaatswidrigen Verzögerung“ der Ermittlungen im Fall Gröning angeregt.

Gröning äußerte sich am Dienstag ein letztes Mal. „Auschwitz war ein Ort, an dem man nicht mitmachen durfte“ – mit diesen Worten zitierte er mit brüchiger Stimme und sichtlich bewegt den Nebenklagevertreter Cornelius Nestler. „Das ist mir bewusst. Ich bereue aufrichtig, dass ich diese Erkenntnis nicht früher und konsequenter umgesetzt habe.“

Der Verteidiger Hans Holtermann argumentierte, Grönings Aufgabe auf der Rampe in Auschwitz sei es gewesen, Diebstähle aus dem Gepäck zu verhindern. Mit dem Heraustreiben der Menschen aus den Waggons und der Selektion habe er nichts zu tun gehabt. „Die bloße Anwesenheit auf der Rampe begründet keine strafbare Beihilfe“, sagte Holtermann in seinem Schlussvortrag.

Der Staatsanwalt hatte zuvor argumentiert, der SS-Unterscharführer Gröning sei mit seiner Uniform und seiner Dienstwaffe Teil der „Drohkulisse“ in Auschwitz gewesen. Holtermann sagte hingegen, Gröning habe die Pistole „zur eigenen Sicherheit“ getragen, und sie sei von außen nicht zu erkennen gewesen. Auch durch das Zählen und Weiterleiten des Geldes, das den ermordeten Juden gehört hatte, habe Gröning die Tat, den Massenmord an den ungarischen Juden im Sommer 1944, nicht gefördert, so der Verteidiger.

 Prozess mit 37 Jahren Verzögerung

Grönings Anwältin Susanne Frangenberg wies in ihrem Schlussvortrag darauf hin, dass Gröning erstmals 1978 als Beschuldigter vernommen wurde, das seien „mindestens 37 Jahre Verfahrensverzögerung“.

Hätte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main damals Anklage erhoben, wäre er angesichts der damaligen Rechtsprechung „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit freigesprochen“ worden. Da Gröning in Prozessen gegen andere SS-Leute ausgesagt hatte, machte Frangenberg für ihn eine Kronzeugenregelung geltend und beantragte, selbst im Falle eines Schuldspruchs von einer Strafe abzusehen. 

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