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Politik: Ausgang offen

EU stellt Türkei vor den Verhandlungen keine neuen Forderungen – aber ein Scheitern ist möglich

Brüssel/Istanbul Die EU-Kommission hält strikt am Beitrittsplan für die Türkei fest. Offenbar haben sich am Mittwoch die Christdemokraten im Gremium der 25 Kommissare nicht durchsetzen können. Sie hatten im Verhandlungsrahmen für die Beitrittsgespräche mit der Türkei neben der Vollmitgliedschaft ausdrücklich ein alternatives Ziel wie die „privilegierte Partnerschaft“ erwähnen wollen. Diesen Vorschlag befürwortet auch Unions- Kanzlerkandidatin Angela Merkel.

„Wir haben heute eine lebhafte Debatte geführt und am Ende einen strengen Verhandlungsrahmen festgelegt“, sagte der für die Erweiterung zuständige EU-Kommissar Olli Rehn nach der stürmisch verlaufenen Sitzung. In dem von der Kommission verabschiedeten Dokument, das der EU-Ministerrat noch einstimmig billigen muss, werden die politischen Leitlinien festgelegt.

„Das Ziel der Verhandlungen ist der Beitritt“, stellt die EU-Kommission fest und bekräftigt damit den Beschluss der 25 Staats- und Regierungschefs vom Dezember vergangenen Jahres. Allerdings werde „ergebnisoffen“ verhandelt. Im Verhandlungsrahmen findet sich jetzt der Hinweis auf ein mögliches Scheitern der Gespräche. Der Fraktionsvize der Unionsfraktion, Wolfgang Schäuble sagte, CDU und CSU wollten nach einem möglichen Wahlsieg in Deutschland dennoch weiter auf eine privilegierte Partnerschaft der EU mit der Türkei dringen. Aus dem Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung müsse gelernt werden. Doch auch eine von der Union geführte Regierung werde sich an Zusagen und Beschlüsse der EU zur Erweiterung halten.

Mit Erleichterung reagierte die türkische Regierung am Mittwoch darauf, dass der Verhandlungsrahmen für die Beitrittsgespräche keine neuen Forderungen an Ankara enthält. Von einer Aufbruchstimmung in der Türkei kann trotzdem keine Rede sein. Gut drei Monate vor dem Beginn der Beitrittsverhandlungen macht sich vielmehr Desillusionierung breit. Nach einer neuen Umfrage glauben 64 Prozent der Türken, ihr Land werde von der EU unfair behandelt. Fast jeder Dritte ist der Meinung, dass die EU die Türkei niemals aufnehmen wird.

Der SPD-Europaabgeordnete Vural Öger forderte unterdessen, die Türkei „auf Reform- und auf Westkurs“ zu halten. Die Wahl des ultrakonservativen Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten in Iran habe die Notwendigkeit eines säkularen Staates in der Region vor Augen geführt, sagte der Europapolitiker dem Tagesspiegel. Öger kritisierte, dass seit der Ablehnung der EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden auch im Europaparlament die Beitrittsperspektive der Türkei zunehmend in Frage gestellt werde. Es gehe aber nicht an, in dieser Situation die Türkei zum „Sündenbock“ zu machen. tog/sei/ame

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