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Büffeln für den Sprachtest. Ausländer im Integrationskurs.

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Ausländerrecht: Mühevolle Integration

Die Koalitionsparteien wollen das Ausländerrecht verschärfen, aber gleichzeitig auch entschärfen. Denn zum Gesetzespaket gehört auch ein eigenständiges Bleiberecht für geduldete Kinder und Heranwachsende.

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Berlin - Union und FDP wollen das Ausländerrecht verschärfen. Zuwanderer, die zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet sind und diesen noch nicht erfolgreich mit einer Sprachprüfung abgeschlossen haben, müssen mit größeren Problemen bei der Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung rechnen. Das ergibt sich aus einem Antrag von Union und FDP für ein Paket neuer Aufenthalts- und Asylgesetze, über das der Bundestag kommende Woche abschließend beraten will.

Danach sollen die Betroffenen – in erster Linie nachziehende Ehepartner , aber auch bereits hier lebende Ausländer – so lange nur eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, bis sie den Sprachtest in ihrem Integrationskurs bestanden haben. „Integrationspolitik muss fördern und fordern“, begründete der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff die geplante Neuregelung. Mit der jetzt geplanten Regelung wolle man die Abbrecherquote bei den Integrationskursen verringern, argumentierte er.

Die Pläne der Koalitionsfraktionen verschärfen noch einmal den Gesetzentwurf, den das Kabinett auf Vorschlag des damaligen Innenministers Thomas de Maizière (CDU) im Oktober 2010 verabschiedet hatte. Dieses sah vor, vor der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zu prüfen, ob der Antragsteller seiner Pflicht zur Teilnahme an einem Integrationskurs nachgekommen ist. Diese Verschärfung des Zuwanderungsrechtes zielte auf sogenannte Integrationsverweigerer ab. Die Träger der Integrationskurse für Migranten melden allerdings seit Jahren nur verschwindend geringe Abbrecherquoten. Wer nach langer Wartezeit einen Platz in einem der Kurse, die rund 650 Stunden dauern, ergattert hat, bricht diesen offenbar so rasch nicht ab.

Viel einschneidender allerdings sind die nun geplanten Verschärfungen. Denn sie zielen auf die bestandene Abschlussprüfung ab. Und da spricht die Praxis eine ganz andere Sprache. Noch nicht einmal die Hälfte der Kursteilnehmer besteht am Ende den abschließenden Sprachtest. Die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Sevim Dagdelen, bezeichnete es als „vollkommen inakzeptabel“, die Aufenthaltserlaubnis vom Niveau der Sprachkenntnisse abhängig zu machen. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz nannte die Pläne „peinlich“ und forderte, die Rahmenbedingungen für den Spracherwerb müssten verbessert werden.

Zu dem Gesetzespaket gehört aber auch ein eigenständiges Bleiberecht für geduldete Kinder und Heranwachsende als fester Bestandteil des Ausländerrechts. In die deutsche Gesellschaft gut integrierte Kinder, die dauerhaft und erfolgreich die Schule besuchen, sollen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Ebenso deren sorgeberechtigte Eltern. Seit Jahren streiten sich die Parteien und die Innenminister aus Bund und Ländern über den Umgang mit jenen Ausländern, die in Deutschland nur geduldet sind, aus einer Reihe von Gründen aber nicht in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden oder werden können. Die Innenministerkonferenz hatte vor etwa zwei Jahren die zumindest temporäre Regelung eines Bleiberechts auf den Weg gebracht. Als besonders kritisch galt stets der Status jener Kinder und Jugendlicher, die in Deutschland aufgewachsen sind, aber unter der permanenten Bedrohung leben, in ein ihnen vollkommen fremdes Land abgeschoben zu werden. Für diese soll jetzt ein eigenständiges Bleiberecht als gesonderter Paragraf im Aufenthaltsrecht geschaffen werden. „Vor allem geht es uns um eine essenzielle Verbesserung für Geduldete“, sagte der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl. „Wir kennen alle die Fälle von Kindern, die in Deutschland aufgewachsen sind, in ihrer Schulklasse vielleicht sogar das beste Kind“, für solche Kinder habe man eine Lösung gebraucht.

Ein weiterer zentraler Aspekt des Gesetzentwurfs ist die Bekämpfung von Scheinehen. Vorgesehen ist darin, dass für ausländische Opfer von Zwangsverheiratungen ein eigenständiges Wiederkehrrecht nach Deutschland geschaffen wird. Außerdem soll Zwangsheirat ein eigenständiger Straftatbestand werden. Im Gesetz wird außerdem eine verbesserte Kontrolle darüber vereinbart, ob dazu verpflichtete Ausländer ihre Integrationskurse absolvieren. Auch wird, „zur Verminderung des Anreizes zur Eingehung einer Scheinehe“ die Zeit erhöht, die eine Ehe mit einem Deutschen, einer Deutschen oder Aufenthaltsberechtigten bestanden haben muss, damit sie ein eigenständiges Aufenthaltsrecht für die Partner begründet. Zusätzlich wird die Residenzpflicht für Asylbewerber und Geduldete gelockert, damit diese auch über Landesgrenzen hinweg zur Schule oder zu einer Erwerbsarbeit fahren können.

Neben dem Bleiberecht soll durch den Änderungsantrag auch noch ein weiterer Punkt verbessert werden: Der Schutz für Frauen, die von ihren Männern geschlagen oder anders Opfer häuslicher Gewalt werden und erst seit kurzer Zeit in Deutschland sind. Sie können gemäß einer Härtefallregelung auch künftig früher ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bekommen, nicht erst nach drei Jahren, wie der Regelfall es künftig vorsieht.

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