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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verhandelt am morgigen Montag in Luxemburg über die Auslieferung von Straftätern.

© Thomas Frey/dpa

Ausländische Straftäter: EuGH entscheidet über Auslieferungen nach Rumänien und Ungarn

Wegen schwerer Missstände in den Gefängnissen könnte die Auslieferung von zwei in Deutschland inhaftierten mutmaßlichen Straftätern verweigert werden.

Zehn Häftlinge auf neun Quadratmetern zusammengepfercht, verdreckte Zellen, keine ausreichende Heizung: Solche Zustände herrschen nach Informationen des Oberlandesgerichts Bremen teilweise in rumänischen Gefängnissen. In Ungarn sieht es angeblich ähnlich aus. Am Montag verhandelt der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Frage, ob die deutsche Justiz rumänische oder ungarische Straftäter an ihre Heimatländer ausliefern darf, wenn ihnen dort solche menschenrechtswidrigen Haftbedingungen drohen.

Die Bremer OLG-Richter hatten sich mit zwei sogenannten Vorlagebeschlüssen an den Gerichtshof in Luxemburg gewandt, weil sie sich unsicher sind, wie sie mit zwei Auslieferungsbegehren aus Südosteuropa verfahren sollen. Einmal geht es dabei um einen Ungarn, der in seiner Heimat angeblich in eine Schule und in eine Wohnung eingebrochen war und deshalb von der ungarischen Justiz mit Europäischem Haftbefehl gesucht wurde. In Bremen wurde er gefasst; er bestreitet die Taten.

Der zweite Fall betrifft einen Rumänen, der in seiner Heimat wegen dreimaligen Fahrens ohne Führerschein rechtskräftig zu einem Jahr und acht Monaten Gefängnis verurteilt wurde, aber sich der Haft offenbar entzogen hatte. Auch er wurde später in Bremen festgenommen.

Viele Anhaltspunkte für schwere Missstände

Normalerweise sind EU-Staaten verpflichtet, gesuchte Straftäter an ihr Heimatland auszuliefern – es sei denn, damit würden wesentliche Grundsätze der deutschen oder europäischen Rechtsordnung verletzt, zum Beispiel die Europäische Menschenrechtskonvention. Dazu gehört auch das Verbot menschenunwürdiger Behandlung von Gefangenen. Und genau für solche Haftbedingungen sieht das Bremer Gericht in Rumänien und Ungarn „beachtliche Anhaltspunkte“. Das OLG beruft sich dabei auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und auf Berichte des Europarat-Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung. Die Missstände müssen allerdings „ein Mindestmaß an Schwere erreichen“, wie das OLG in seinen Vorlagebeschlüssen für den EuGH schreibt.

Vom EuGH wollen die Bremer jetzt wissen, ob sie bei drohenden menschenrechtswidrigen Haftbedingungen eine Auslieferung kategorisch verweigern dürfen – oder ob es reicht, wenn der „Vollstreckungsstaat“ förmlich zusichert, er werde schon für korrekte Haftbedingungen sorgen.

Lehnt das EuGH die Auslieferungen ab, muss der verurteilte Rumäne seine Haftstrafe wahrscheinlich in Deutschland absitzen. Gegen den lediglich beschuldigten Ungarn könnte die Staatsanwaltschaft laut OLG ein Ermittlungsverfahren einleiten. Die Ermittlungen aus der Ferne dürften sich aber schwierig gestalten.

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