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Auslandseinsätze: Bundestag will traumatisierten Soldaten helfen

Sie ziehen für Deutschland in Krisengebiete und kommen traumatisiert zurück: Der Bundestag hat heute beschlossen, Soldaten besser bei der Aufarbeitung ihrer Erlebnisse zu unterstützen.

Die Bundeswehr wird die Versorgung traumatisierter Soldaten verbessern. Dazu soll sie eine zentrale Ansprechstelle für Soldaten mit psychischen Problemen schaffen. In Berlin soll bis Mitte des Jahres ein Kompetenzzentrum zur Erforschung des sogenannten Posttraumatische Belastungssyndroms (PTBS) eingerichtet werden. Das beschloss der Bundestag am Donnerstag in Berlin einstimmig nach einem fraktionsübergreifenden Antrag  von SPD, Union, FDP und Grünen.

Jung: "Ernstzunehmende seelische Verwundungen"

Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) rief während der Debatte im Bundestag zu einem Bewusstseinswandel im Umgang mit traumatisierten Soldaten auf. Seelische Verwundungen würden von Betroffenen und der Öffentlichkeit oftmals als Schwäche empfunden, sagte er. Dagegen müsse man angehen. "Diese seelischen Verwundungen sind genauso ernst zu nehmen wie körperliche Verwundungen", betonte der Minister.

Die Zahl der Fälle von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in der Bundeswehr habe in den vergangenen Jahren zugenommen, insbesondere beim Einsatz in Afghanistan, sagte Jung. Diese Entwicklung sei "sehr ernst zu nehmen". Zum einen liege der Anstieg an der Intensität der Einsätze. Zugleich seien die Soldaten aber auch zunehmend offener, sich in eine Behandlung zu begeben. Die Sensibilität für die Erkrankung habe bereits "spürbar" zugenommen.

Jung mahnte, die Soldaten der Bundeswehr seien in Auslandseinsätzen "besonderen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt". Diese nähmen sie im Interesse Deutschlands auf sich. "Sie haben alle unsere Unterstützung verdient", betonte er.

Alle Fraktionen stimmen zu

Mehrere Abgeordnete beklagten, dass sich die Bundeswehr erst jetzt diesem Thema stelle. Der Grünen-Abgeordnete Winfried Nachtwei mahnte, es müsse ein "echtes" Forschungszentrum geschaffen und entsprechend finanziell und personell ausgestattet werden. Es dürfe nicht nur eine Alibifunktion haben.

Die FDP-Politikerin Elke Hoff berichtete, den wenigsten Menschen in Deutschland sei klar, wie groß die Ängste der Familien seien, deren Angehörigen in Auslandseinsätzen dienten. Auch die Linke, die jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr ablehnt, stimmte dem Antrag zu. Ihr Abgeordneter Paul Schäfer sagte, die bessere Vorsorge wäre, die Soldaten gar nicht erst in solche Gefahrensituationen zu bringen. Das würde bedeuten, die Bundeswehr aus den Krisengebieten abzuziehen.

Studie zu Dunkelziffer geplant

Der Beschluss sieht vor, neue Beratungsangebote zu schaffen, die Betroffene und Angehörige auch telefonisch und anonym nutzen können. Hintergrund ist die große Dunkelziffer an Soldaten, sie sich aus Scham und Furcht vor Ausgrenzung nicht an einen Arzt wenden. Um mehr über diese bislang unbekannten Fälle zu erfahren, plädierte der Bundestag auch dafür, eine Studie in Auftrag zu geben.

Die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer zwischen Bundeswehrkrankenhäusern und externen Einrichtungen wollen die Abgeordneten intensivieren. Außerdem sprechen sie sich dafür aus, das Thema Psychotraumata in Lehrpläne für militärisches Führungspersonal aufzunehmen. (jnb/ddp/dpa)

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