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Auslandseinsätze: Opposition gegen "Blankoscheck"

Die Opposition im Bundestag hat sich vehement gegen Überlegungen in der Union gewandt, die Rechte des Parlaments bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu beschränken. Aber auch die SPD äußert Kritik.

Berlin - Grüne und FDP hoben hervor, dass die Bundeswehr eine "Parlamentsarmee" bleiben müsse. Hintergrund sind Äußerungen aus der Union, wonach der Bundestag künftig eine Art "Vorratsbeschluss" zu Beginn einer Legislaturperiode fassen könnte, um die Entsendung von Bundeswehr-Einheiten ins Ausland zu erlauben. Dadurch solle der Einsatz von deutschen Truppen in integrierten Verbänden unter EU- und Nato-Kommando erleichtert werden.

"Der Bundestag soll die Bundesregierung zu Beginn einer Legislaturperiode ermächtigen, den internationalen Organisationen Truppen anzubieten", sagte der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff dazu der "Financial Times Deutschland". Den Marschbefehl zu konkreten Einsätzen könnte das Kabinett dann ohne den Bundestag geben. "Das Parlament hätte allerdings das Recht, die Truppen innerhalb von 90 Tagen zurückzuholen", sagte Schockenhoff.

Ablehnung auch bei der SPD

Beim Koalitionspartner SPD stießen diese Überlegungen auf klare Ablehnung. "Wir teilen diese Ansicht nicht", sagte Fraktionsvize Walter Kolbow der Zeitung. "Eine geänderte Beschlussfassung ist nicht notwendig." Dennoch setzten die Fraktionsspitzen von Union und SPD am Dienstag eine Koalitionsarbeitsgruppe zu der Frage ein, ob das seit 2005 geltende Parlamentsbeteiligungsgesetz angesichts der wachsenden internationalen Verpflichtungen der Bundeswehr geändert werden müsse. Derzeit muss der Bundestag vor jedem Auslandseinsatz deutscher Truppen seine Zustimmung geben.

Grünen-Chefin Claudia Roth wandte sich gegen eine "Blanko-Vollmacht" für die Bundesregierung. Sie nannte die Überlegungen in der Union einen "unakzeptablen Angriff auf das Parlament und seine Verantwortung". Änderungen seien nicht nötig, erklärte Roth. "Bis jetzt hat der Bundestag immer Zeit gefunden, ein Mandat rechtzeitig zu beraten und gegebenenfalls auch zu beschließen." Der Bundestag sei "unverzichtbar, um eine vorschnelle und unüberlegte Entsendung deutscher Soldatinnen und Soldaten in Krisengebiete zu verhindern".

"Rechte des Parlaments sind zu stärken und nicht zu schwächen"

Der Grünen-Verteidigungsexperte im Bundestag, Winfried Nachtwei, wandte sich ebenfalls strikt gegen solche Pläne. "Die Bundeswehr darf nicht zur Regierungs- oder Kanzlertruppe umfunktioniert werden", erklärte er. Sie müsse "Parlamentsarmee" bleiben. Nachtwei forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, ihre Zusage zu erneuern, wonach die Parlamentsbeteiligung nicht ausgehöhlt werden soll. "Das Kriegsermächtigungsgesetz der USA ist kein Modell, das der parlamentarischen Demokratie und der politischen Kultur in Deutschland entspricht", hob Nachtwei hervor. Er äußerte die Vermutung, dass Uneinigkeit innerhalb der Union bei bestimmten Einsätzen der Grund für den Vorstoß sei.

FDP-Verteidigungsexpertin Birgit Homburger verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das "klipp und klar" festgelegt habe, dass die Zustimmung des Bundestags vor einem Einsatz der Bundeswehr im Ausland eingeholt werden müsse. Sie forderte mehr Informationspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag. "Die Rechte des Parlaments sind zu stärken und nicht zu schwächen", erklärte sie.

Die "Rheinische Post" berichtete unterdessen, die Koalition wolle in der Debatte über den Tornado-Einsatz in Afghanistan eine Sondersitzung des Bundestages vermeiden. Dies hätten die Fraktionsvorstände von Union und SPD bei ihrer Klausurtagung vereinbart. Es solle keine "unnötige Dramatik" erzeugt werden. Die Koalition will demnach für den Einsatz ein neues Bundestagsmandat einholen, über das dann vor dem 2. Februar oder nach dem 26. Februar abgestimmt werden müsste. (tso/AFP)

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