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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach

© Imago/Jürgen Heinrich

Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter: Lauterbach nennt Kritik an Corona-Plänen „medizinisch unsinnig“

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft findet die vorgesehenen Ausnahmen für Geimpfte „völlig unpraktikabel“. Der Bundesgesundheitsminister widerspricht.

Die Kritik an den Corona-Schutzplänen des Bundes für die kalte Jahreszeit dauert an. Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, forderte Nachbesserungen am geplanten Infektionsschutzgesetz. „Wir begrüßen, dass eine Maskenpflicht in Innenräumen weiter möglich sein soll“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Die Ausnahmen für Geimpfte sind aber völlig unpraktikabel und widersprechen deshalb dem Ziel eines guten Infektionsschutzes.“

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Auch die für Kliniken geplanten Regeln seien nicht umsetzbar. „Vorgesehen ist, dass zukünftig alle in den Krankenhäusern Beschäftigte sowie Besucherinnen und Besucher nur mit einem aktuellen Test oder einem höchstens drei Monate alten Impfnachweis (nach dreifacher Impfung) und in beiden Fällen einer FFP2-Maske ein Krankenhaus betreten dürfen“, erklärte Gaß.

Der Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz beinhaltet etwa, dass die Bundesländer ab Oktober wieder Maskenpflichten verhängen dürfen. Bundesweit soll weiterhin eine Maskenpflicht in Bus, Bahn und Flieger sowie neu eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gelten.

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Kritik gibt es unter anderem daran, dass Menschen von Maskenpflichten in Restaurants oder bei Kultur- und Sportveranstaltungen befreit sein sollen, wenn ihre Impfung nicht älter als drei Monate ist. Differenzen über die vom Bund vorgesehenen Ausnahmen für frisch Geimpfte gab es am Dienstag auch bei einer Gesundheitsministerkonferenz (GMK) von Bund und Ländern.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellte mit Blick auf Kritik der vergangenen Tage klar, dass mit der Möglichkeit der Ausnahme von der Maskenpflicht keineswegs eine Empfehlung für eine Auffrischung der Impfung alle drei Monate zu verstehen sei. Das sei abwegig und wäre auch „medizinisch unsinnig“, sagte Lauterbach am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Der Minister erholt sich derzeit selbst von einer Corona-Infektion.

Durchseuchung für Lauterbach keine Option

Hinter der Kritik an dem Entwurf für das Infektionsschutzgesetz vermutet Lauterbach den Wunsch einiger nach der Rückkehr zu Vor-Corona-Zeiten, machte der SPD-Politiker im ZDF-„heute journal“ deutlich. „Wir wollen zum Teil an Regeln anknüpfen, die wir schon mal gehabt haben. Und viele wollen das nicht.“

Viele wollten stattdessen einfach so weiterleben wie vorher - so, als wäre Corona zu Ende, damit der Herbst einfach sein könne. Eine Durchseuchung der Gesellschaft sei aber keine Option für die Bundesregierung, weil dies zu viele Todesfälle bedeuten würde, sagte Lauterbach.

Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwochmorgen mit 366,8 an. Am Vortag hatte der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 381,5 gelegen. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI zuletzt 72.737 Corona-Neuinfektionen und 213 Todesfälle innerhalb eines Tages.

FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann warnte die Länder davor, den Gesetzentwurf der rot-grün-gelben Bundesregierung noch einmal aufzuschnüren. „Die Gesundheitsminister der Länder befinden sich auf dem Holzweg, wenn sie noch weitere Verschärfungen verlangen“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. „Wir geben den Ländern ausreichend Rüstzeug für eine dezentrale Bekämpfung der Pandemie.“

Ullmann kündigte nach Angaben der Zeitung an, dass die Vorschläge von Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann (FDP) im Gesetzgebungsverfahren im Bundestag auf ihre Praxistauglichkeit geprüft werden.

Ein Sprecher von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) forderte in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Wir brauchen klare Indikatoren und Schwellenwerte, um festzulegen, wann welche Maßnahme greifen soll.“ Dies müsse der Bund machen. „Wenn jedes Land selbst entscheidet, kommen wir nie zu einheitlichen und nachvollziehbaren Regeln, sondern erhöhen nur die rechtlichen Risiken.“

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sprach sich unterdessen gegen eine Maskenpflicht für Schüler im Herbst und Winter aus. „Der BVKJ ist grundsätzlich gegen eine Maskenpflicht in Schulen“, sagte Jakob Maske, Bundessprecher des BVKJ, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). „Wichtig ist auch, dass es anlasslose Testungen nicht mehr geben sollte, die Sensibilität liegt hier nur bei 40 Prozent“, so der Kinderarzt. Es gebe viele falsch negative, aber auch falsch positive Ergebnisse. (dpa)

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