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Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz.

© dpa

Aussage im Fall Sebastian Edathy: „Die Ministerin kneift“

Niedersachsens Justizministerin Niewisch-Lennartz sollte im Innenausschuss des Bundestags zum Fall Edathy aussagen. Doch sie erschien nicht. Die Union ist empört und greift Landeschef Stephan Weil an.

In der Affäre um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wird die Kritik an den niedersächsischen Justizbehörden lauter. Vor einer neuerlichen Sitzung des Bundestags-Innenausschusses am Freitag sagte Unions-Fraktionsvize Thomas Strobl (CDU), es tue sich „ein Abgrund von Behördenversagen“ auf. Für Kritik sorgte insbesondere die Weigerung der niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne), dem Ausschuss persönlich Rede und Antwort zu stehen. Strobl sagte, Niewisch-Lennartz müsse zu den Vorgängen in ihrem Verantwortungsbereich Stellung nehmen. Auch die oppositionelle CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag kritisierte: „Die Ministerin kneift.“ Die rot-grüne Landesregierung habe offenbar doch etwas zu verbergen. Niewisch-Lennartz war zu der Sitzung am Freitag eingeladen. Sie teilte mit, ihr Staatssekretär Wolfgang Scheibel könne dem Ausschuss in der kommenden Woche weitere Auskunft erteilen.

Neuerliche Befragung Zierckes "völlig überflüssig"

Vor den Abgeordneten standen am Freitag nur noch der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, und der frühere Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche den Abgeordneten Rede und Antwort. Sie hatten bereits am Mittwoch vor dem Gremium ausgesagt. Die Grünen warfen nach der Sitzung Union und SPD vor, sie wollten kein Licht in die Affäre bringen. „Das Aufklärungsinteresse der großen Koalition hat sich erledigt“, sagte Grünen-Vizefraktionschef Konstantin von Notz. Man wolle „zur Tagesordnung übergehen.“ SPD-Vizefraktionschefin Eva Högl nannte die erneute Befragung von Ziercke indes „völlig überflüssig“. Alle Fragen seien bereits beantwortet worden. Ziercke habe in der Sitzung praktisch nur das Wortprotokoll seiner Anhörung vom Mittwoch wiederholt.

Edathy nahm trotz Warnung an den Koalitionsverhandlungen teil

Gegen eine Weitergabe von Informationen aus der SPD-Spitze an den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy spricht, dass der ungeachtet der Warnungen des damaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) an die SPD-Spitze dennoch für die Sozialdemokraten an den Koalitionsverhandlungen Ende vergangenen Jahres teilgenommen hat. Zwar war Edathy von der SPD zunächst nicht berücksichtigt worden, nach einer Absage der Migrationsexpertin Yasemin Karakasoglu war Edathy jedoch für die Unterarbeitsgruppe Integration und Migration nachnominiert worden – offenbar auf Initiative von SPD-Vize Aydan Özoguz. Eine SPD-Sprecherin sagte am Freitag, Özoguz habe Edathy „eigenständig“ und ohne Informationsaustausch mit SPD-Chef Sigmar Gabriel in das Team der Koalitionsverhandler gebeten. Auch mit Oppermann habe sie darüber nicht gesprochen.

"Das gab es noch nie"

Die rot-grüne Regierungskoalition in Niedersachsen reagierte unterdessen mit Empörung auf einen Antrag der CDU-Landtagsfraktion auf Einsicht in die Ermittlungsakten im Fall Edathy. „Das gab es noch nie“, sagte Grünen-Fraktionsvize Helge Limburg dem Tagesspiegel. „Dieses Ansinnen ist höchst problematisch, weil es die Arbeit der Staatsanwaltschaft massiv beeinträchtigen würde.“ Zuvor hatten die CDU-Mitglieder im Rechtsausschuss des Landtags Kopien von allen den Vorgang betreffenden Unterlagen gefordert. „Dies umschließt auch jeglichen E-Mail-Verkehr, alle etwaigen Vermerke, Bescheide und Gesprächsnotizen“, heißt es in dem Antrag, der dem Tagesspiegel vorliegt.

Die Union in Niedersachsen erhofft sich davon Aufschluss, wer in der rot-grünen Landesregierung zu welchem Zeitpunkt etwas wusste und möglicherweise den ehemaligen SPD-Abgeordneten vor den Ermittlungen wegen Kinderpornografie gewarnt habe. Dabei nimmt die CDU insbesondere Ministerpräsident Stephan Weil und Innenminister Boris Pistorius (beide SPD) ins Visier. Auch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Landtag schließt die Fraktion nicht aus. Man wolle aber zunächst die Entwicklung im Bundestag abwarten. Regierungssprecherin Anke Pörksen erklärte, die Staatskanzlei werde das Akten-Begehren der CDU sorgfältig prüfen. Dabei seien aber sowohl die Beachtung von Persönlichkeitsrechten als auch das Wohl des Landes Niedersachsen und des Bundes zu beachten. „Dazu gehört auch eine funktionierende Strafrechtspflege“, meinte Pörksen.

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