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Politik: Außenminister Fischer und Védrine reden gemeinsam das deutsch-französische Verhältnis schön

Der französische Außenminister Hubert Védrine und sein deutscher Amtskollege Joschka Fischer haben eine ungewöhnliche Charme-Offensive gestartet. Gut ein Jahr nach dem Bonner Machtwechsel gaben sie der französischen Tageszeitung "Le Monde" und der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" gemeinsam ein Interview.

Der französische Außenminister Hubert Védrine und sein deutscher Amtskollege Joschka Fischer haben eine ungewöhnliche Charme-Offensive gestartet. Gut ein Jahr nach dem Bonner Machtwechsel gaben sie der französischen Tageszeitung "Le Monde" und der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" gemeinsam ein Interview. Tenor des Gesprächs: Die deutsch-französischen Beziehungen sind in bester Ordnung, die Turbulenzen im Gefolge des deutschen Regierungswechsels sind ausgestanden. In den Zeitungen lese er zwar von einer Krise der Beziehungen zwischen Paris und Berlin, sagt da etwa der offensichtlich empörte deutsche Außenminister: "Ehrlich gesagt, ich kann das nicht nachvollziehen."

Bemerkenswert ist das Interview nicht nur, weil Védrine und Fischer gemeinsam antworten. Bemerkenswert ist es auch, weil sich die beiden Außenminister zunehmend bemühen, im "Zweierpack" aufzutreten und die Spannungen zwischen Paris und Berlin herunterzuspielen. Besonders deutlich wurde dies am vergangenen Wochenende bei einem deutsch-französischen Forum zur Informationsgesellschaft in Paris. Védrine kanzelte französische Kritik an den "eisigen" bilateralen Beziehungen kurzerhand als "oberflächlich" ab.

"Dank der deutschen Bemühungen" habe der EU-Gipfel im März, bei dem es um die Agenda 2000, also die Reform der Agrarsubventionen ging, ein "sehr gutes Ergebnis" gebracht. "Dann hat es den Kosovo gegeben", nannte Védrine ein weiteres vermeintlich positives Beispiel. Schließlich habe auch die "spektakuläre" Fusion zwischen dem französischen Luftfahrtkonzern Aérospatiale und der deutschen Dasa "die Absurdität vieler Kommentare" gezeigt. Differenzen zwischen Paris und Berlin seien völlig normal, stellten die gute Zusammenarbeit aber nicht in Frage.

Allerdings muss die Frage erlaubt sein, warum Védrine und Fischer dann neuerdings offensichtliche Differenzen leugnen. Der Kompromiss um die Agenda 2000 war für Berlin nun einmal kein "gutes Ergebnis"; ihm ging ein wochenlanger Nervenkrieg mit Paris voraus. Im Kosovokonflikt gab es hinter den Kulissen erhebliche Verärgerung, weil die Rambouillet-Konferenz von Franzosen, Briten und Amerikanern dominiert wurde und sich Deutschland an den Rand gedrängt fühlte. Und schließlich ist es ein offenes Geheimnis, dass die Luftfahrtfusion noch erheblichen Zündstoff birgt. Vor allem die Beteiligung des französischen Staats am neuen Konzern EADS und die Standortwahl für die Produktion des neuen Airbus A3XX sorgen schon jetzt für latente deutsch-französische Spannungen.

Vor diesem Hintergrund wirkt die Charme-Offensive der beiden Politiker Védrine und Fischer irritierend. Pariser Beobachter vermuten, dass sie vor allem dem Zweck dient, den geschwächten deutschen Kanzler zu stärken und den Pariser Kongress der Sozialistischen Internationale Anfang November vorzubereiten. Dazu passt, dass zwei kontroverse Themen in Paris seit einigen Wochen tabu sind: Oskar Lafontaine mit seiner Kritik am wirtschaftspolitischen Kurs der rot-grünen Regierung und das Schröder-Blair-Papier, das bei der französischen Schwesterpartei von Labour und SPD anfangs für große Verärgerung gesorgt hatte. Ebenfalls bezeichnend ist die Bilanz des ersten Schröder-Jahrs, die "Le Monde" zum Védrine-Fischer-Interview gezogen hat: Sie fällt überraschend positiv aus.

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