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Außenminister Hague: Briten wollen mehr Einfluss in der Welt

Grundsatzrede des Außenministers William Hague: Globale Netzwerke sollen der Machtverschiebung von West nach Ost entgegenwirken.

Die neue britischen Regierung will ihren außenpolitischen Einfluss stärken und ausweiten – in Europa, aber mehr noch bei den neuen Wirtschaftsmächten China, Indien, Brasilien und den Golfstaaten. Wenn Großbritannien „globale Reichweite und Einfluss“ nicht ausweite, werde es in einer sich schnell ändernden Welt schnell an Einfluss verlieren, sagte Außenminister William Hague in seiner ersten außenpolitischen Grundsatzrede am Donnerstag in London. Damit widersprach er indirekt der These, dass europäische Länder heute nur noch über die Bündelung der Kräfte in der EU Einfluss haben können.

„Die wirkliche wirtschaftliche Aktion in der Welt findet heute in Ländern wie Brasilien und Indien, China und den Golfstaaten statt. Das sind die Länder, mit denen wir uns viel stärker verbinden müssen, als wir das je getan haben“, sagte Hague. Der Außenminister skizzierte eine Außenpolitik, die der Machtverschiebung von West nach Ost, dem schwindenden Einfluss der alten Machtblöcke und einer zunehmend „vernetzten Welt“ Rechnung trägt. Er sprach von der „unzerbrechlichen Allianz mit den USA“ und der Bedeutung der EU, skizzierte aber eine „postamerikanische“ Außenpolitik, in der für Großbritannien bilaterale Beziehungen wieder ganz oben stehen und nicht alles von der „special relationship“ mit den USA definiert wird.

Die nächsten 20 Jahre beschrieb Hague als „eine Zeit erhöhter Gefahren, aber auch außerordentlicher Chancen für ein Land, das entschlossen ist, seine immer noch großen Vorteile auszuspielen“. An die Stelle der reaktiven „ad hoc“-Politik der bisherigen Labour-Regierung, die Hague mit einem Flickenteppich verglich, soll eine „agile und energische“ Diplomatie treten, die methodisch die Interessen verschiedener Regierungszweige, auch Bildungs- und Kulturpolitik, in die Außenpolitik integriert.

Als Beispiel wurde am Donnerstag eine erste gemeinsame „Taskforce“ mit den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgestellt. Das Ziel ist es dabei, die Beziehungen „in allen Bereichen“ – Bildung, Handel, Kulturaustausch, Verteidigung – zu stärken. Eine ähnliche Initiative soll demnächst mit Indien gestartet werden, das Premier David Cameron besuchen wird. Cameron will sich schwerpunktmäßig um Indien kümmern, während Vizepremier Nick Clegg China als Arbeitsgebiet übernommen hat.

Allerdings ist das Geld für die ambitionierte britische Außenpolitik knapp. Großbritannien könne sich dafür bei der diplomatischen Offensive auf Netzwerke wie den Commonwealth, Institutionen wie den World Service der BBC und den British Council sowie die überdurchschnittlich gute Vernetzung seiner Bürger mit dem Ausland verlassen, sagte Hague. Der Außenminister, der seinem Amtskollegen aus Bahrain per Twitter verbunden ist, will auch soziale Internet-Netzwerke als Medium der Diplomatie einsetzen.

Die Beziehungen mit der EU bezeichnete Hague, eigentlich ein ausgewiesener Europaskeptiker, als „entscheidend“. Scharf kritisierte er die „Vernachlässigung“ des britischen Einflusses in der Europäischen Union unter der Labour-Regierung. Dies werde die Regierung ändern.

Die Tories waren vor allem von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy stark wegen ihres Auszugs aus der EVP-Fraktion im Europaparlament kritisiert und des „Isolationismus“ bezichtigt worden. Doch Premier Cameron, Vizepremier Clegg und Hague haben sofort nach ihrem Amtsantritt Brücken nach Berlin und Paris gebaut. „Bundeskanzlerin Merkel und der Premier haben sogar gemeinsam ein Fußballspiel angesehen und überlebt“, sagte Hague nach einem gemeinsamen Fernsehvormittag der beiden in Toronto während des WM-Achtelfinales zwischen England und Deutschland.

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