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Außenpolitische Strategie: Koalition streitet jetzt auch über Asien

Ein neues Strategiepapier der Union will eine nicht nur auf China fixierte Politik vorantreiben. Auch Indien und andere wirtschaftlich prosperierende Staaten sollen stärker einbezogen werden. Unstimmigkeiten gibt weiter um den Umgang mit dem Dalai Lama.

Berlin - In der Koalition bahnt sich ein Richtungsstreit über die Ausrichtung der deutschen Asienpolitik an. Die Union will hier neue Akzente setzen und macht Druck auf SPD-Außenminister und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD). „In den letzten Tagen ist der Eindruck entstanden, dass Steinmeier versucht, eine Politik umzusetzen, die konzeptionell von Schröder bestimmt wird“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden (CDU), dem Tagesspiegel. Hintergrund ist die Kritik von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) am Empfang des Dalai Lama durch seine Nachfolgerin Angela Merkel (CDU). Steinmeier sieht den Empfang im Kanzleramt ähnlich kritisch, hält aber die Form von Schröders Kritik für schädlich. Nachdem Merkel eine geschlossene Haltung des Kabinetts eingefordert hatte, machte Steinmeier am Mittwoch einen Rückzieher. Ein Sprecher des Ministers erklärte, es gebe keine Belege dafür, dass dieser die Kanzlerin wegen des Empfangs im Kanzleramt kritisiert hätte.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil verteidigte Steinmeier gegen Angriffe der Union. „Frau Merkel hat das Recht, jeden Gast zu empfangen. Aber niemand sollte dann den Außenminister für die Konsequenzen verantwortlich machen“, sagte Heil dem Tagesspiegel. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte Steinmeier vorgeworfen, er ermuntere mit seiner Kritik an Merkel die Chinesen zu harten Reaktionen. Heil forderte den Innenminister auf, „seine Vorwürfe noch einmal gründlich zu überdenken“. Der SPD-Generalsekretär warnte, Deutschlands Interessen in der Welt und der Einsatz für Menschenrechte dürften „nicht Gegenstand von parteitaktischem Gezänk“ werden. Mit Blick auf den Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt durch Merkel sagte Heil: „Politische Klugheit erfordert es, dass man auch beim Kampf um das Gute die richtigen Mittel wählt.“ Aus der Erfahrung der Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr wisse die SPD, „dass im Mittelpunkt von Menschenrechtspolitik die konkrete Hilfe für Menschen stehen muss, die unter Not und Unterdrückung leiden“. Dazu müssten auch die internationalen Kommunikationskanäle offen gehalten werden.

Die Unionsfraktion plädiert für ein Umdenken in der Asienpolitik und hat dazu ein Strategiepapier verfasst. Die bisherige Asienpolitik sei zu china- und zu wirtschaftsorientiert gewesen, erklärte Klaeden. „Wir wollen weder unsere Prinzipien noch unsere Interessen vernachlässigen. Es darf keine rein an ökonomischen Interessen orientierte Asienpolitik geben“, sagte er. „Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.“ In dem Unionspapier heißt es, die deutsche und europäische Außenpolitik müssten sich am langfristigen Interesse orientieren, in Asien verlässliche Partner zu gewinnen. Partnerschaften könnten auf Dauer nur auf der Basis gemeinsamer Werte und Überzeugungen gedeihen.

In der Union wird indes Wert darauf gelegt, dass die Neuausrichtung nicht gegen China gerichtet sei. China solle nichts weggenommen, sondern der zu einseitig auf China fixierten Politik etwas Weiteres, Konstruktives hinzugefügt werden, sagt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU). Das Strategiepapier weise auf die Chancen hin, die außer China andere Länder wie Indien, Indonesien, Südkorea, aber auch die Asean-Staaten für Deutschland böten. Polenz plädiert dafür, das Thema auch in Europa „auf den Tisch zu bringen“. Aus Gesprächen mit asiatischen Botschaftern wisse er, dass Interesse an einer stärkeren Rolle der EU in ihrer Region bestehe.

Damit verknüpft sich indes die Hoffnung, die Entwicklung in China zumindest indirekt beeinflussen zu können. „Je stabiler die politische Landschaft in Asien ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass der Aufstieg Chinas mit einer Öffnung des Landes einhergeht“, sagt Klaeden. Die Unionsstrategen wollen verhindern, dass sich das Gesellschaftssystem Chinas, das durch wirtschaftlichen Aufstieg ohne Demokratisierung geprägt ist, in Asien als Ordnungsmodell durchsetzt und so die Anziehungskraft westlich-liberaler Ordnungsprinzipien mindert.

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