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Austritt: Lafontaine kehrt der SPD den Rücken

Der frühere SPD-Parteichef Oskar Lafontaine will seine Parteimitgliedschaft nach 39 Jahren beenden und sich künftig in einem neuen Linksbündnis engagieren. Generallsekretär Benneter hatte Lafontaine heute mit den Worten "Oskar sei ehrlich: Geh jetzt!" zum Parteiaustritt gedrängt.

Berlin (25.05.2005, 18:35 Uhr) - Sein SPD-Parteibuch habe er zwar noch nicht zurückgeschickt, dies sei aber nur noch ein formaler Akt, sagte Lafontaine am Dienstag dem ZDF. Damit ziehe er die Konsequenz aus der Hartz-IV-Arbeitsmarktreform von Rot-Grün.

Im Fall eines Zusammengehens der PDS und der neugegründeten linken Wahlalternative WASG will Lafontaine bei einer vorgezogenen Bundestagswahl antreten. «Wenn es zu einer gemeinsamen Liste kommen sollte, bin ich bereit, mitzumachen», sagte Lafontaine der «Bild»- Zeitung. Am Dienstagabend wollten in Berlin Vertreter von WASG und PDS über Perspektiven eines linken Bündnisses nach der NRW- Wahl sprechen.

Lafontaine hatte in den vergangenen Monaten mehrfach mit seinem SPD-Austritt gedroht. Der Partei gehörte Lafontaine seit 39 Jahren an. Als Vorsitzender hatte er die SPD 1998 nach 16-jähriger Oppositionszeit wieder in die Regierung geführt. Wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD) legte er im März 1999 überraschend den SPD-Vorsitz sowie sein Amt als «Super-Minister» für Finanzen, Währung und Konjunktur nieder.

Lafontaines Austritts-Erklärung im ZDF war ein wochenlanges Rätselraten um den Status seiner weiteren SPD-Zugehörigkeit vorausgegangen. Noch am Dienstag erklärte er im Magazin «Cicero», er sei durchaus bereit, «auch in der SPD» für seine Politik zu kämpfen. «Das setzt aber voraus, dass die SPD eine Politikwende vollzieht.» In der «Bild»-Zeitung bezeichnete er dagegen seine SPD-Mitgliedschaft als «formell» beendet, «wenn die SPD mit der Agenda 2010 und Hartz IV in die Bundestagswahl zieht».

"Oskar, hör auf!"

Eine offizielle Austrittserklärung Lafontaines lag der SPD am Dienstag nicht vor. Vor dem Hintergrund seiner jüngsten Interview- Äußerungen hatte SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter Lafontaine zum Parteiaustritt aufgefordert. In der Erklärung heißt es: «Oskar, geh jetzt! Oskar, hör auf mit dem eitlen Rumgerede! Oskar, hör auf, der SPD zu schaden! Oskar sei ehrlich: Geh jetzt!»

Lafontaine plädiert in den Interviews für eine «starke Sammlungsbewegung» auch der deutschen Linken nach dem Vorbild des italienischen «Olivenbaums». Von einer «Zersplitterung» der Linken habe niemand etwas. So sei es auch nicht sinnvoll, wenn zwei kleine Parteien - PDS und WASG - links von der SPD kandidieren.

SPD-Vize Wolfgang Thierse sagte dem «Tagesspiegel»: «Jetzt ist dem Letzten klar, dass Lafontaine der SPD schaden will.» Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sagte dem Blatt: «Ein solches Wahlbündnis würde helfen, die Erfolgsaussichten der Rechten zu verbessern.» Nach Aussage der Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth betätigt sich Lafontaine als «Steigbügelhalter für einen eiskalten Neoliberalismus von Merkel, Stoiber und Westerwelle».

Nach Aussage von PDS-Chef Lothar Bisky ist seine Partei über ein Linksbündnis «gesprächsbereit». Allerdings setzten Wahlrecht und Termin im Herbst enge Grenzen. Es sei seit langem seine Auffassung, «dass sich die Linke in Deutschland strategisch neu aufstellen muss». In der PDS gibt es allerdings zum Teil erhebliche Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit der WASG, weil dort auch Mitglieder ehemaliger maoistisch orientierter «K-Gruppen» mitarbeiten.

Die aus Protest gegen die SPD-Reformpolitik von Gewerkschaftern und ehemaligen SPD-Mitgliedern gegründete WASG hatte bei der NRW-Wahl am vergangenen Sonntag 2,2 Prozent der Stimmen erhalten. Die PDS ist seit der Bundestagswahl 2002 nur noch mit zwei Abgeordneten im Parlament vertreten. (tso)

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