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© pa/dpa

Auszeichnung: Verdienstkreuz für den Falken im Taubenlager

Zbigniew Brzezinski, einer der herausragenden Außenpolitiker der USA, bekommt die höchste deutsche Auszeichnung, das große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband für seine Verdienste um die deutsch-amerikanische Verständigung und die deutsch-polnische Aussöhnung.

Washington - Im Laufe eines langen Menschenlebens verändern sich internationale Frontlinien. Aus Feinden können Partner und manchmal sogar enge Verbündete und Freunde werden. Am Dienstagabend erhielt Zbigniew Brzezinski, einer der herausragenden Außenpolitiker der USA, die höchste deutsche Auszeichnung, das große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband für seine Verdienste um die deutsch-amerikanische Verständigung und die deutsch-polnische Aussöhnung. Die Rührung war dem Sicherheitsberater des US-Präsidenten Jimmy Carter anzumerken. „Wenn mir jemand vor ein paar Jahrzehnten prophezeit hätte, dass ich einen deutschen Orden bekommen und mich auch noch darüber freuen werde, hätte ich das für unmöglich erklärt“, sagte der 81-Jährige.

Die Feier in der deutschen Botschaft rückte noch einmal die Schrecken des 20. Jahrhunderts in Europa in die Gegenwart, samt dem gnädigen Ausgang. „Zbig“, wie ihn alle nennen, denen der polnische Name schwer über die Lippen geht, wurde 1928 in Warschau geboren. In der Kindheit lebte er in Nazideutschland und der Sowjetunion. Der Vater war in den dreißiger Jahren polnischer Diplomat in Leipzig und Charkow. Er wurde 1938 nach Kanada versetzt. So entging die Familie der Verfolgung der polnischen Elite, als Hitler und Stalin Polen überfielen und aufteilten.

Brzezinski studierte in Harvard, wurde 1958 US-Bürger und machte sich einen Namen als Experte für Osteuropa und die Sowjetunion. In den sechziger Jahren beriet er Spitzenpolitiker der Demokraten, von John F. Kennedy bis Vizepräsident Hubert Humphrey. Als Carters Sicherheitsberater trieb er die Annäherung an China, die atomare Abrüstung mit der Sowjetunion und den Friedensschluss zwischen Israel und Ägypten voran. Den einen gilt er als „Falke im Taubenlager“, den anderen als Realist und Pragmatiker. Er befürwortete eine Bewaffnung der afghanischen Mudschaheddin nach der sowjetischen Invasion. Später gehörte er zu den schärfsten Kritikern des Irakkriegs und unterstützte energisch Barack Obamas Präsidentschaftsbewerbung.

„Zbig“ habe stets die europäische Perspektive in die amerikanische Weltpolitik gebracht, sagte der deutsche Botschafter Klaus Scharioth. „Amerikaner halten 200 Jahre für einen langen Zeitraum in der Geschichte und Europäer 200 Meilen für eine große Entfernung.“ Brzezinski habe ein außergewöhnliches Gespür für die Bedeutung von Geschichte und Geografie in der Außenpolitik und sie auch den Amerikanern vermittelt. Er sei trotz seiner persönlichen Erfahrung zum verlässlichen Freund Deutschlands geworden, der verstanden habe, dass die mitteleuropäischen Freiheitsbewegungen nur gemeinsam Erfolg haben konnten und dass die Solidarnosc in Polen und der Mauerfall in Berlin sich gegenseitig bedingten. Brzezinski krönte solche geschichtsphilosophischen Betrachtungen mit einem, wie er sagte, „kühnen Ausblick“: Vielleicht werde er noch erleben, dass er eines Tages in Moskau einen russischen Orden erhalte. Christoph von Marschall

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