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Politik: Automann mit Öko-Steuer (Leitartikel)

Seit einer Woche tobt nun schon der Streit um den Benzinpreis, die Ökosteuer und die Heiligkeit des Autos. Und noch immer ist Gerhard Schröder nicht umgefallen.

Seit einer Woche tobt nun schon der Streit um den Benzinpreis, die Ökosteuer und die Heiligkeit des Autos. Und noch immer ist Gerhard Schröder nicht umgefallen. Sollte das etwa sachliche Gründe haben?

Manche Leute behaupten, wir würden in der freien Marktwirtschaft leben. Das ist übertrieben. Das Benzin beispielsweise wird gleich dreifach dem freien Spiel der Kräfte entzogen. An der Quelle sitzen die Erdöl exportierenden Länder, zusammengeschlossen in der Opec, und versuchen, die Fördermengen zu kontrollieren. Schon der Rohölpreis also ist politisch. Danach kommen die Ölfirmen, von denen es nicht sehr viele gibt. Die Wenigen, die es gibt, sprechen schon so lange professionell ihre Preise ab, dass sie bei diesen Absprachen nie in flagranti erwischt werden. Darum kann man es auch nur als kleinen Scherz werten, wenn Schröder das Kartellamt theatralisch auffordert, die Rechtmäßigkeit der Preiserhöhungen zu prüfen.

Und als letztes kommt noch der Staat, der darauf Steuern erhebt. Wenn also alle drei Beteiligten - Opec, Multis, Staat - gleichzeitig den Preis erhöhen, wenn dann noch der Euro schwach zum Petro-Dollar steht und die Multis kurz zuvor einen Niedrigpreis-Krieg gegen die freien Tankstellen geführt haben - wenn das alles zusammenkommt, dann kann es schon mal passieren, dass sich die Preisrädchen an den Zapfsäulen sichtbar schneller drehen. Dann regt sich der Autofahrer auf. Fragt sich nur: über wen?

Der deutsche Autofahrer hat mit den Interessen der Opec und der Ölmultis nichts zu schaffen, wohl aber mit denen des Staates, der die Steuern immerhin zu etwas verwendet, was dem Bürger zugute kommt: Derzeit werden mit der Ökosteuer die Rentenbeiträge stabilisiert. Trotzdem gilt die ganze Empörung der Politik - nicht der Opec oder den Multis. Die sind zu weit weg, deren Gesichter kennt man nicht, und die interessieren sich auch nur sehr am Rande für die Gemütslage des deutschen Autofahrers.

Aber da ist nun mal die Empörung. Und täglich wird sie von den Boulevard-Medien geschürt wird. Dann muss sie sich auch gegen irgendwen richten. Warum also nicht gegen die Politik? Das ist irrational, denn der Spritpreis stieg in den letzten zwölf Monaten um 60 Pfennig, aber nur um 7 wegen der Ökosteuer. Doch legitim ist es. Denn dafür ist Politik da: zum Blitzeableiten. Was wäre im Lande los, könnte man nicht gemeinsam über die Politiker schimpfen!

Es gehört nun einmal zu den wichtigsten Aufgaben der Politiker, den inneren Schweinehund des Bürgers zu überwinden. Der Einzelne möchte rasen, wie es ihm gefällt. Billig und schnell. Nur geht das nicht wegen der Staus, des Klimas und der toten Kinder. Darum setzt die Politik Grenzen, worüber sich der Autofahrer wiederum aufregen darf. Und so hat alles seine Ordnung.

Eines aber darf die Politik in Zeiten großer Aufgeregtheiten keinesfalls tun: zurückweichen. Manchmal bekommt man jedoch das ungute Gefühl, als hätten einige Politiker die Regeln dieses Spiels um Empörung, Entlastung und Entscheidung vergessen. Dann tun sie so, als müsse der innere Schweinehund des Bürgers nicht gebändigt, sondern zum Kampfhund abgerichtet werden.

Schröder versteht sich bisher kaum als Gegenüber des Bürgers, eher als dessen oberster Dienstleister und ergebener Chauffeur. Daran gemessen verhält er sich in der Ökosteuer-Debatte erstaunlich standhaft. Erstmals scheint er in einem dieser großen Ringkämpfe zwischen Ökologie und "Bild", zwischen Populismus und Politik nicht nachgeben zu wollen. Wird aus dem Mann am Ende doch noch ein Kanzler?

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