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Politik: Baden-württembergischer Fraktionschef Oettinger rät zu offenem Rechenschaftsbericht

Herr Oettinger, schon wieder tauchen ungeklärte Millionen in den Kassen der CDU auf. Welchen Wert kann ein Rechenschaftsbericht überhaupt noch haben?

Herr Oettinger, schon wieder tauchen ungeklärte Millionen in den Kassen der CDU auf. Welchen Wert kann ein Rechenschaftsbericht überhaupt noch haben?

Wenn der Bundesvorstand am Sonntag und das Präsidium am Wochenende den Bericht der Wirtschaftsprüfer beraten, stehen wir vor der Frage, wieviel überhaupt geprüft wurde und wie vollständig die Angaben zu Einnahmen und Ausgaben in jedem einzelnen Jahr sind. Ich würde uns dringend raten, ganz bewusst den Bericht durch eine umfassende Liste der unvollständigen Punkte zu ergänzen, also auf Risiken und Nebenwirkungen hinzuweisen. Der Bericht ist wichtig, birgt aber die Gefahr, dass er der Öffentlichkeit Vollständigkeit signalisieren und deshalb negativ wirken könnte. Er muss sich zum Beispiel auf die Teilbilanzen von Landes- und Ortsverbänden verlassen. Darauf müssen wir hinweisen.

Auch auf die Gefahr hin, dass er jeden Wert verliert?

In der Situation, in der wir im Augenblick sind,ist die Erwartung der Öffentlichkeit hoch. Nur eine Bilanzierung, die umfassend ist und wenigstens in Stichworten aufzählt, was fehlt, ist in den nächsten Wochen eine stabile Arbeitsgrundlage.

Kurzgefasst: Sie fordern rückhaltlose Offenheit?

Ja. Und das gilt eben auch für die Posten im Rechenwerk, für die wir keine plausible Erklärung haben.

Auch personelle Konsequenzen?

Die Frage, ob Helmut Kohl sein Bundestagsmandat aufgeben soll oder aus der Partei ausgeschlossen wird, ist ein Nebenkriegsschauplatz. Wir müssen uns auf die Hauptschauplätze konzentrieren. Das ist einmal der Rechenschaftsbericht und das sind die strukturellen Folgerungen daraus. Wolfgang Schäuble hat schon im letzten Jahr in der Bundes-CDU eine andere Debattenkultur eingeleitet. Das müssen wir forcieren. Wir müssen unser hierarchisches und zu Obrigkeitsbezogenheit neigendes Denken aufgeben.

Trifft der Vorwurf den Ex-Vorsitzenden, der diese Kultur gefördert hat, oder die Partei, die sich ihr unterworfen hat?

Er geht an uns alle, auch an mich. Und wir brauchen auch im Strafrecht einen Tatbestand für Vergehen gegen die Rechenschaftspflichten von Parteien. Es muss Organe geben, die für eine ordnungsgemäße Buchhaltung und Bilanz verantwortlich sind und die bestraft werden können, wenn sie gegen die Regeln verstoßen.

Die größte Krise in der Geschichte der Union - teilen Sie diese Auffassung?

Die Wahlniederlage war nur scheinbar eine Krise. Sie war vielmehr eine sportliche Herausforderung an uns. Jetzt ist eine echte Krise da. Bis in mittlere Führungsschichten sind Parteimitglieder ratlos und wütend. Das ist die größte Krise der Union seit ihrem Bestehen. Dabei kommt mir eins zu kurz: Trotz des Verhaltens einiger Weniger ist sie im ganzen widerstandsfähig und integer. Die ganz überwiegende Mehrheit der Partei kann für sich in Anspruch nehmen, dass sie Recht, Gesetz und die demokratische Kultur achtet. Daran dürfen die wenigen nichts ändern, die das anders gehalten haben.Das Gespräch mit dem CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag führte Andrea Dernbach.

Herr Oettinger[schon wieder tauchen ungeklär]

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