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Politik: Bafög-Reform: Der Weg zur Förderung wird einfacher

Mit der von der Bundesregierung geplanten Bafög-Novelle werden auch in Berlin wieder mehr Studenten eine Förderung bekommen. So rechnet der Geschäftsführer des Studentenwerks Berlin, Andreas Prickwell, mit 2400 bis 3000 Bafög-Empfängern mehr.

Mit der von der Bundesregierung geplanten Bafög-Novelle werden auch in Berlin wieder mehr Studenten eine Förderung bekommen. So rechnet der Geschäftsführer des Studentenwerks Berlin, Andreas Prickwell, mit 2400 bis 3000 Bafög-Empfängern mehr. Bisher erhielten in Berlin rund 26 000 der 135 000 Studierenden Förderung.

Mit der Reform wäre an Berlins Hochschulen ungefähr wieder der Stand von 1996 erreicht. "Wer bisher an der Einkommensgrenze war und überhaupt nichts bekam, kann künftig mit 200 bis 300 Mark rechnen", sagte Prickwell. Nicht gelöst sei allerdings weiterhin das Problem, dass Eltern mit einem mittleren Einkommen ihren Kindern, die keinen Anspruch auf Bafög haben, nicht genug Geld zum Leben in einer Großstadt gäben. "In Berlin braucht ein Student eben über 1000 Mark. Wenn die Eltern ihm nur 500 Mark überweisen, geht das Jobben los", gibt Prickwell zu bedenken. Etliche Studenten mit Anspruch auf Bafög hätten darüber hinaus Hemmungen sich zu verschulden.

Im Bundesbildungsministerium hat man inzwischen erkannt, dass auch das komplizierte Antragsverfahren viele Studenten abschreckt. Sie verstehen weder, ob der Aufwand sich für sie lohnen wird, noch ob sie wohl überhaupt einen Anspruch haben. Rund 30 Seiten Bafög-Antrag und über die Jahre immer mehr Ausnahme- und Sonderregeln haben ein von den Betroffenen oft als unübersichtlich empfundenes Verfahren geschaffen.

Dies soll sich mit der Gesetzesnovelle ändern. Klarere Formulierungen und einfachere Formulare sind angekündigt. Damit Studenten schon vor der Antragstellung ihre Chancen und die ungefähr zu erwartende Bafög-Höhe abschätzen können, will Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) künftig besonders anschauliche Modellrechnungen ins Internet stellen lassen. Auch soll sich die Förderungshöchstdauer künftig unmittelbar an der vorgeschriebenen Regelstudienzeit eines Faches orientieren. Damit allein können rund 100 derzeit geltende Sonderregelungen entfallen.

Als weiteren Beitrag zur verlässlichen Studienfinanzierung will Bulmahn mit der Novelle eine Studienabschlussfinanzierung gesetzlich absichern. Wer sein Studium nicht in der Regelstudienzeit seines Faches abgeschlossen hat und damit keinen Bafög-Anspruch mehr hat, soll künftig dennoch Geld bekommen können. Dies ist vollständig als Darlehen geplant. Bisher hatte es lediglich wechselnde, befristete Regelungen gegeben. Mit Bafög geförderte Studenten, die aus unterschiedlichen Gründen ihr Studium erst mit Verzögerung abschließen konnten, mussten dann gerade in dieser stark belasteten Zeit ihr Studium mit Jobben finanzieren. Dies führte zumeist zu einem um mehrere Semester längeren Studium.

Ursprünglich hatten die Koalitionsparteien SPD und Grüne im Wahlkampf eine Strukturreform der Ausbildungsförderung mit einem einheitlichen Sockelbetrag für alle Studenten angekündigt. Dieses Modell hatte Bundeskanzler Schröder aber Anfang des Jahres gekippt und statt dessen mehr Förderung für die Bedürftigen angekündigt.

Dennoch haben SPD und Grüne ihre Vorstellungen von einer einheitlichen Grundförderung für alle Studenten nicht aufgegeben. Dafür soll jetzt parlamentsnah eine Expertenkommission eingerichtet werden. Als denkbar gilt eine Lösung im Zuge des Familienlastenausgleichs, wobei statt der Grundförderung ein einheitliches Kindergeld in Höhe von 400 Mark pro Monat gezahlt wird. Einen solchen Betrag hatte Finanzminister Hans Eichel (SPD) Anfang des Jahres bereits als denkbar bezeichnet.

Im Bundesbildungsministerium geht man davon aus, dass die zustimmungspflichtige Bafög-Novelle den Bundesrat passieren wird. Nach Bulmahns Worten gibt es "keine gegenteiligen Signale" aus den Ländern. So berücksichtigt der Gesetzentwurf bereits frühere Kritik aus der Union, die sich aus familienpolitischen Gründen gegen eine elternunabhängige Studentenförderung gewandt hatte.

Die stellvertretende Unionsvorsitzende und baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU) hatte Anfang des Jahres erklärt, dass die Bafög-Reform in der jetzt vorliegenden Form an der Union nicht scheitern werde. Auch ist der zusätzliche Finanzbedarf im Bundesetat bereits eingeplant. Geld aus der Zinsersparnis durch die Erlöse aus der Versteigerung der Funkfrequenzen (UMTS) ist nicht vorgesehen.

Bildungsministerin Bulmahn hat den Bafög-Gesetzentwurf jetzt fertig gestellt. Er soll noch im September vom Kabinett verabschiedet werden und zum April 2001 in Kraft treten. Dann könnten 80 000 Studenten mehr als heute Bafög bekommen, bundesweit 445 000 junge Menschen.

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