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Politik: Bagdad beim Barbecue

Die USA brauchen Chinas Hilfe gegen Irak – deshalb bekommt Staatschef Jiang eine Einladung auf Bushs Ranch

Für Peking ist es das wichtigste Grillfest in diesem Jahr. Wenn Jiang Zemin am Freitag zum Barbecue mit US-Präsident George W. Bush auf dessen Texas-Ranch empfangen wird, hat Chinas Staatschef seinen letzten großen internationalen Auftritt. Vor seinem erwarteten Rücktritt im November will sich Jiang noch einmal als großer Staatsmann präsentieren.

Monatelang hatte China sich um die Einladung zur Crawford Ranch bemüht, zu der bisher nur ausgewählte Staatsführer wie Russlands Präsident Wladimir Putin, der britische Premier Tony Blair und der saudische Kronprinz Abdullah Zugang hatten. Jiang Zemin, der anschließend zum Asien-Pazifik-Wirtschaftsforum (Apec) nach Mexiko weiterreist, ist der erste chinesische Staatschef auf Bushs Ranch.

Im Mittelpunkt der Gespräche stehen der Irak und Nordkorea. Bush will Jiang zur Zustimmung oder zumindest Duldung eines Irak-Krieges im UN-Sicherheitsrat bewegen. Da das wirtschaftlich aufstrebende China Interesse an einem Zugang zu den irakischen Ölreserven hat, könnte Jiang seine bisherige Ablehnung eines Krieges aufgeben. Chinas Außenminister Tang Jiaxuan bekräftigte am Donnerstag noch einmal, dass sein Land im Irak-Konflikt auf die Vereinten Nationen setze und die UN-Waffeninspekteure so schnell wie möglich nach Bagdad geschickt werden müssten. Zu dem neuen Resolutionsentwurf äußerte sich der Außenminister jedoch nicht. China fällt es keineswegs leicht, sich von seiner ablehnenden Haltung abzuwenden. Traditionell hat Peking enge Verbindungen zur arabischen Welt, die nicht aufs Spiel gesetzt werden sollen. Beim letzten Krieg gegen den Irak hatte sich China im UN-Sicherheitsrat enthalten. Falls Großbritannien und Frankreich für die neue Resolution stimmen sollten, könnte China jedoch diesmal mitziehen. Denn Peking will im Sicherheitsrat nicht isoliert werden und schon gar nicht allein gegen die USA stehen.

Beim Umgang mit dem Regime in Nordkorea ist Bush ebenfalls auf Jiangs Unterstützung angewiesen. US-Geheimdienste vermuten, dass Peking Nordkorea bei der Entwicklung seines Raketenprogramms unterstützt haben könnte. China ist Pjöngjangs wichtigster Verbündeter und könnte Druck auf das Regime ausüben, seine Atomwaffenpläne zu beenden. Peking hatte in den vergangenen Tagen bereits erklärt, dass es Nuklearwaffen auf der koreanischen Halbinsel ablehnt. Allerdings ist China gegen einen Regimewechsel in Pjöngjang.

Jiangs Einladung auf die Bush-Ranch ist ein Signal, dass die Beziehungen zwischen Peking und Washington im Aufwind sind. Seit einem Jahr sind die USA mehr mit dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus beschäftigt, als dass sie sich um die vermeintliche Bedrohung durch China kümmern werden. Peking erfüllte in den vergangenen Monaten Forderungen der USA und verschärfte die Bestimmungen für Waffenexporte. China erhofft sich davon eine Wiederaufnahme der militärischen Beziehungen zu den USA. Meinungsunterschiede zwischen den Großmächten, etwa bei den Menschenrechten, der Taiwan-Frage oder Tibet, werden bei dem Gipfeltreffen nur am Rande angesprochen werden. Schließlich braucht Bush Chinas Unterstützung für seine Kriegspläne. Kritik wird Jiang in den USA wohl nur von Demonstranten und Menschenrechtsgruppen hören. Anhänger der in China verfolgten Falun -Gong-Bewegung versuchten, den chinesischen Staatschef in Chicago wegen Folter und Genozid vor einem US-Gericht zu verklagen. Die Menschen in China, die von den Staatsmedien von morgens bis abends mit Bildern von Jiangs US-Besuch bombardiert werden, erfahren von den Protesten nichts. Die am Dienstag begonnene Reise, die Jiang auch nach Houston, Waco und San Francisco führt, ist eine Propagandashow für das chinesische Volk. Geplant ist auch eine private Bootstour Jiangs mit Bush.

Harald Maass[Schanghai]

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