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Investitionsstau bei der Deutschen Bahn: Die Gewerkschaft EVG beziffert den zusätzlichen Finanzbedarf auf 2 bis 3 Milliarden Euro im Jahr.

© imago/Christian Ditsch

Bahn-Krisentreffen: Hofreiter will Einnahmen aus Lkw-Maut für Bahn abzweigen

Der Grünen-Fraktionschef fordert, die Ausgaben für die Bahn schnell zu verdoppeln. Verkehrsminister Scheuer trifft die Bahn-Spitze zu weiterem Krisen-Gespräch.

Vor dem neuen Bahn-Spitzentreffen hat Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter gefordert, Einnahmen aus der Lkw-Maut für die Bahn abzuzweigen. "Mit der Lkw-Maut und dem Abbau der Dieselsubventionen können Mittel direkt aus dem Verkehrssektor in die Bahn gelenkt werden", sagte Hofreiter der "Saarbrücker Zeitung". Nötig sei eine "kräftige Aufstockung, um das Schienennetz wieder in Schuss zu bringen und den Wagenpark zu modernisieren".

Die Ausgaben des Bundes für die Bahn von derzeit fünf Milliarden Euro sollten kurzfristig verdoppelt und mittelfristig sogar vervierfacht werden, forderte Hofreiter. Gleichzeitig müsse es einen Neustart in dem Unternehmen geben, damit die Gelder nicht versickerten.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) trifft am Mittwoch zum dritten Mal in diesem Monat die Spitzen der Deutschen Bahn zu einem Gespräch über die Probleme des Staatskonzerns. Nachdem es bei den vorherigen Treffen vor allem um Maßnahmen zur Verbesserung von Qualität und Pünktlichkeit gegangen war, soll es nun auch um Fragen von Finanzierung und Investitionen gehen.

Beim heutigen Treffen geht es vor allem ums Geld

Bei den Gesprächen soll es vor allem darum gehen, wie die Bahn effizienter werden kann. Daher sollen die komplexen Strukturen auf den Prüfstand. Vor allem aber geht es um die künftige Finanzierung. Die Deutsche Bahn ist hoch verschuldet und braucht zusätzliche Milliarden, etwa für die Modernisierung der Flotte und des Netzes.

In Koalitionskreisen hieß es, es sei unklar, wie hoch der zusätzliche Finanzbedarf der Bahn sei. Dazu müsse die Konzernspitze am Mittwoch Auskunft geben. Der Bund könnte der Bahn über mehr Eigenkapital mittelfristig mehr Mittel zur Verfügung stellen. Daneben gibt es Überlegungen, die profitable Bahn-Auslandstochter DB Arriva zu verkaufen, um Geld für Züge und Gleisnetz zu bekommen. Dies ist aber in der schwarz-roten Koalition umstritten - ebenso wie der Weg, dass die Bahn sich noch höher verschuldet.

Der SPD-Verkehrspolitiker Sören Bartol sprach sich für eine staatliche Finanzspritze für die Bahn aus. "Eine pünktliche und zuverlässige Bahn braucht Investitionen in gutes Personal, funktionierende Züge und gute Schienenwege. Das kostet Geld", sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Die SPD ist bereit, zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt in den Erhalt, die Elektrifizierung und Digitalisierung der Schienenwege zu investieren." Voraussetzung sei aber, dass die Deutsche Bahn "besser" werde.

Im Gegensatz zu ihrem Fraktionskollegen Bartol will die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kirsten Lühmann, die Zahlungen des Bundes begrenzen. „Wir haben der Bahn AG 2017 schon einmal eine Kapitalaufstockung gegeben. Damals hat die Bahn gesagt, das ist genau die benötigte Summe, um den Laden wieder flottzumachen. Dann hat es doch nicht gereicht“, sagte sie dem Sender hr-info. „Wenn wir jetzt wieder Geld geben, dann kann das nur die letzte Geldspritze sein.“ Lühmann sitzt auch im Aufsichtsrat der Bahn AG.

Gewerkschaft EVG: Zusätzlicher Finanzbedarf von 2 bis 3 Milliarden Euro jährlich

Auch das Verkehrsbündnis "Allianz pro Schiene" forderte zusätzliche Mittel des Bundes für die Bahn. "Mit ständig neuen Gipfeln sind die Probleme im Schienenverkehr nicht zu lösen", sagte Geschäftsführer Dirk Flege den RND-Zeitungen. "Wenn die Bundesregierung die Eisenbahn nach vorne bringen und die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllen möchte, muss sie ihre Verantwortung für die Schiene endlich wahrnehmen."

Flege kritisierte, im laufenden Bundeshaushalt würden die Investitionsmittel für die Schieneninfrastruktur leicht sinken statt wie nötig deutlich zu steigen. "Damit beschreitet die Koalition einen verkehrspolitischen Irrweg."

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte den zusätzlichen Finanzbedarf durch den Bund auf 2 bis 3 Milliarden Euro pro Jahr beziffert. Es gebe einen enormen Nachholbedarf bei der Infrastruktur. Der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner hatte den Bund an seine Verantwortung als Eigentümer der Bahn erinnert.

CSU-Politikerin Ludwig: Service und Pünktlichkeit verbessern

Die Bahn hatte nach einem Treffen mit Scheuer Mitte Januar ein Maßnahmenpaket angekündigt, um Schritt für Schritt aus der Krise zu kommen. Die Züge sollen pünktlicher, der Service für die Kunden verbessert werden. Dazu beitragen sollen mehr Investitionen, mehr Personal und weniger Staus auf der Schiene.

Die CSU-Verkehrspolitikerin Daniela Ludwig, die an dem Treffen teilnimmt, sagte der dpa, das Fahrgastaufkommen der Bahn steige kontinuierlich, das Güteraufkommen ebenfalls. „Die Erwartung an die Bahn ist daher ganz klar: Der Service und die Pünktlichkeit müssen besser werden. Aus meiner Sicht gibt es kein Erkenntnisproblem, sondern vielmehr ein Umsetzungsproblem.“ Abläufe müssten besser koordiniert und die Zuständigkeiten klarer gefasst werden.

SPD-Politiker Bartol: Moderne Bahn braucht moderne Organisation

Der SPD-Fraktionsvize Bartol forderte zudem grundlegende Änderungen der Strukturen: „Wir brauchen bei der Deutschen Bahn weniger Wasserkopf in den Zentralen und mehr Verantwortung bei den Beschäftigten vor Ort“, sagte Bartol der Deutschen Presse-Agentur.

Bartol sagte, eine moderne Bahn brauche eine moderne Organisation. „Das erfordert schlankere Strukturen, in den zügig auf Veränderungen reagiert werden kann. Hierzu erwarte ich vom Bahnvorstand konkrete Vorschläge.“ Es müsse eine bessere Verzahnung zwischen dem Gesamtvorstand und den Vorständen der einzelnen Sparten geben: „Wer jedoch über eine Zerschlagung der Deutschen Bahn nachdenkt, wird auf den erbitterten Widerstand der SPD stoßen.“ Eine Herauslösung des Schienennetzes und eine Privatisierung der Verkehrsunternehmen werde es mit der SPD nicht geben. (AFP, dpa)

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