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Politik: Bald unter einem Dach

Die Nato soll auch das Oberkommando über den Anti-Terror-Einsatz der USA in Afghanistan erhalten

Berlin - Mehr Kooperation für mehr Fortschritte in Afghanistan. Dies soll der Grundsatz für die künftige Arbeit der Nato und der USA im Land am Hindukusch sein. „Wir brauchen mehr Synergien“, sagte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer am Mittwoch während des zweiten und letzten Tages der informellen Tagung des Bündnisses. Darin seien sich die Verteidigungsminister der 26 Bündnisstaaten einig.

Damit scheint die Allianz am Mittwoch eine Kompromisslinie gefunden zu haben – eine Entscheidung ist allerdings noch nicht gefallen. Vor dem Gipfel hatte Amerika darauf gedrängt, der Allianz neben der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (Isaf) auch die US-Kampfeinheiten der Anti-Terror-Mission „Enduring Freedom“ zu unterstellen – mit dem Ziel, ihre eigene Armee zu entlasten. Eine Zusammenlegung der beiden Einsätze hatten einige Nato-Staaten, darunter Deutschland und Frankreich, abgelehnt. Verteidigungsminister Peter Struck fürchtet, in diesem Fall würden die Risiken für die Bundeswehrsoldaten weiter steigen. Nun zeichnet sich eine breite Zustimmung zu Scheffers Vorschlag ab, zwar beide Missionen getrennt und mit eigenen Kommandeuren fortzuführen, sie aber unter ein gemeinsames Oberkommando der Nato zu stellen. Der UN-Sicherheitsrat hatte erst in der Nacht zum Mittwoch das Mandat für die Isaf um ein Jahr verlängert.

Die Nato stellt mit 10000 Soldaten im Norden und Westen Afghanistans die Schutztruppe Isaf, die den Frieden erhalten und den Wiederaufbau des Landes unterstützen soll. Daran sind auch etwa 2200 Bundeswehrsoldaten beteiligt. Im unruhigeren Süden und Osten dagegen kämpfen rund 20000 Soldaten unter Führung der USA gegen die extremistischen Taliban. Im nächsten Jahr will die Nato unter britischer Führung ihren Einsatz auch auf den Süden des Landes ausdehnen. Wie viele Soldaten dafür zusätzlich gebraucht werden, wird noch diskutiert. Erwartet wird, dass die USA ihr Kontingent dann verringern werden.

Wie die Verzahnung der Einsätze konkret aussehen werde, sei eine Frage von Kommandostrukturen, über die im Oktober in Brüssel entschieden werde, sagte Scheffer. Nach der Tagung teilte Struck aber bereits mit, dass der Nato-Oberbefehlshaber in Europa, James Jones, das Oberkommando über Afghanistan übernehmen solle. Ein Stellvertreter solle Kommandeur der Isaf sein, ein zweiter solle den Anti-Terrorkampf organisieren und dafür sorgen, dass die Sicherheit der Isaf garantiert sei. Isaf wiederum könne „Enduring Freedom“ mit Sanitätern und Lufttransport aushelfen. Auch Frankreich prüfe den Vorschlag, sagte Struck.

Der britische Verteidigungsminister John Reid argumentierte, beide Einsätze seien in ihren Zielen in Wirklichkeit eng verquickt. „Wir können nicht gegen den Drogenanbau vorgehen, ohne humanitäre Hilfe zu leisten. Humanitäre Hilfe aber können wir nur leisten, wenn die Lage ruhig genug ist.“ Die Produktion von Opium – einem Basisstoff von Heroin – macht nach Expertenschätzung mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung Afghanistans aus. Reid betonte, wichtig für einen Erfolg im Kampf gegen die Drogenproduktion seien auch die Eindämmung der Korruption, ein Umbau der Landwirtschaft und ein hartes Vorgehen gegen Drogendealer. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel betonte Scheffer aber, die Nato sei immer bereit zu assistieren, die Bekämpfung der Drogenproduktion sei nicht in erster Linie Aufgabe der Allianz. Die Verantwortung liege bei den Afghanen. Zudem sei die internationale Gemeinschaft gefordert, für dieses Problem einen langfristigen Plan zu entwickeln. Der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow vereinbarte mit seinen Kollegen in Berlin, mit der Nato die Transitwege des Drogenschmuggels zu kontrollieren.

Die Nato-Verteidigungsminister begrüßten nach Scheffers Angaben Strucks Vorschlag, eine weitere Afghanistan-Konferenz einzuberufen. Der 2001 auf dem Petersberg bei Bonn vereinbarte Prozess finde mit den Wahlen in Afghanistan am Sonntag seinen Abschluss, sagte der Nato-Generalsekretär. Mit einer Nachfolgekonferenz könne das „afghanische Gesicht“ der weiteren Entwicklung deutlich werden. Die Konferenz soll nach Vorschlag von Struck Anfang 2006 in Kabul stattfinden. Daran sollten neben den Staaten, die militärisch engagiert sind, auch alle Länder teilnehmen, die finanziell zum Wiederaufbau des Landes beitragen.

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