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Balkan: "Kosovo ist das Herz Serbiens“

In Belgrad und Bosnien-Herzegowina protestieren die Massen lautstark gegen die Unabhängigkeit der ehemaligen Provinz Kosovo.

Belgrad - Vor Massenprotesten in Belgrad gegen die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo hat der serbische Präsident Boris Tadic seine Ablehnung des neuen Staates bekräftigt. Serbien werde die Unabhängigkeit niemals anerkennen, sagte Tadic, der zu der Protestkundgebung aufgerufen hatte, am Donnerstag. Busse, Autokonvois und Züge brachten tausende Demonstranten nach Belgrad, wo am Nachmittag die Veranstaltung unter dem Motto „Kosovo ist Serbien“ beginnen sollte. Auch in Banja Luka protestierten bosnische Serben. Unbekannte attackierten ein UN-Gericht in der geteilten Stadt Mitrovica mit Steinen. Papst Benedikt XVI. rief zu „gegenseitigem Respekt“ auf.

Das Land sehe sich aber in der Zukunft in der Europäischen Union und wolle nicht den Weg der „Selbstisolation“ wählen, betonte Tadic bei einem Besuch in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Neben Tadic wurden in Belgrad zahlreiche Prominente aus der Sport- und Filmbranche zu der Demonstration erwartet. Der serbische Präsident hatte die Bürger dazu aufgerufen, friedlich zu bleiben.

In Banja Luka in Bosnien-Herzegowina protestierten rund tausend bosnische Serben, unter ihnen sehr viele junge Menschen. Sie skandierten „Kosovo ist das Herz Serbiens“ und zeigten serbische Flaggen und Bilder des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Deutschland rief die serbische Regierung zur engeren Zusammenarbeit mit der EU auf. Serbien dürfe nicht den Anschluss an Europa verlieren, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), im Deutschlandradio Kultur. Belgrad solle auf das von der EU angebotene Abkommen zu engeren Beziehungen bei Bildung, Reise und Handel eingehen.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sprach sich bei seinem Besuch im Kosovo für eine lange Präsenz der Nato-Truppe Kfor aus. Die Kfor-Präsenz sei auch in Zukunft sehr wichtig, um Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten, sagte er nach einem Treffen mit dem kosovarischen Präsidenten Fatmir Sejdiu.

Bei dem Angriff auf das im serbischen Norden von Mitrovica gelegene Gebäude wurden laut Polizei in der Nacht zum Donnerstag mehrere Fensterscheiben zertrümmert. In den frühen Morgenstunden protestierten rund hundert Serben vor dem Gerichtsgebäude gegen die Präsenz der Vereinten Nationen im Kosovo, wie die Polizei weiter mitteilte.

Ehemalige Reservisten der serbischen Armee attackierten an der Grenze zum Kosovo Polizisten mit Steinen. Der Vorfall ereignete sich am Grenzübergang von Merdare in Südserbien, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Männer steckten Autoreifen in Brand, über dem Grenzposten stiegen Rauchschwaden auf. Nach Angaben der serbischen Polizei waren rund 300 ehemalige Reservisten an dem Angriff auf die Polizei des Kosovo beteiligt.

Mehr als tausend aufgebrachte Serben hatten am Dienstag zwei Übergänge an der Grenze zwischen dem Kosovo und Serbien aus Protest gegen die Unabhängigkeit der ehemals serbischen Provinz gestürmt und in Brand gesteckt.

Bei einem Empfang des neuen serbischen Botschafters im Vatikan, Vladeta Jankovic, forderte der Papst die „Wiederversöhnung“ der Volksgruppen. Er rufe alle Parteien zu „Umsicht und Mäßigung“ bei der Suche nach einer Lösung auf, die „gegenseitigen Respekt und Wiederversöhnung“ in den Vordergrund stellen solle. Auch Italien erkannte die Unabhängigkeit des Kosovo an. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Freundschaft zu Serbien dadurch getrübt werde, erklärte Ministerpräsident Romano Prodi. Estland erkannte die Unabhängigkeit ebenfalls an. (AFP)

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