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Politik: Barbara Petersen von "Reporter ohne Grenzen" zur Lage der Medien (Interview)

Barbara Petersen (48) ist Geschäftsführerin der 1994 ins Leben gerufenen deutschen Sektion der "Reporter ohne Grenzen".Aus dem Jahresbericht 1999 der "Reporter ohne Grenzen" geht hervor, dass die Zahl der getöteten Journalisten sich im letzten Jahr im Vergleich zu 1998 auf 36 fast verdoppelt hat.

Barbara Petersen (48) ist Geschäftsführerin der 1994 ins Leben gerufenen deutschen Sektion der "Reporter ohne Grenzen".

Aus dem Jahresbericht 1999 der "Reporter ohne Grenzen" geht hervor, dass die Zahl der getöteten Journalisten sich im letzten Jahr im Vergleich zu 1998 auf 36 fast verdoppelt hat. Worin sehen Sie die Ursache für diese Entwicklung?

Aufgrund der Zunahme von bewaffneten Konflikten werden Journalisten immer häufiger zu Zielscheiben verfeindeter Gruppen. So zum Beispiel in Sierra Leone, wo allein im Januar 1999 acht Journalisten ermordet wurden. Man hat mit schwarzen Listen ganz gezielt Jagd auf Journalisten und auch auf deren Familien gemacht. Sie wurden Opfer von Überfällen, Folterungen und Mord. Ähnliches haben wir in Kolumbien, in Ost-Timor, in Jugoslawien und in Tschetschenien beobachtet.

Der Bericht beklagt auch eine zunehmende Zensur durch Schaffung von Strafbeständen. Wie kann es dazu kommen?

Es hat in einigen Ländern neue Pressegesetze gegeben. Dort werden Gefängnisstrafen für Diffamierung, Beleidigung und Verbreitung von Falschmeldungen erlassen, ohne dass es dafür tatsächlich einer fundierten Begründung bedarf. Es handelt sich um reine Antrags-Delikte. Das heisst, wenn der Bruder des Präsidenten sich in irgendeiner Weise beleidigt fühlt, erstattet er Anzeige und der Journalist muss sich strafrechtlich dafür verantworten. Dieses Vorgehen widerspricht allen internationalen Konventionen. Eine andere Methode ist, für die Vergabe von Veröffentlichungs-Lizenzen horrende Gelder zu verlangen. Was zum Beispiel in Serbien momentan dazu führt, dass über 100 Publikationen in ihrer Existenz bedroht sind.

Wie beurteilen Sie die Situation der Pressefreiheit in Iran?

Die Vorgänge in Iran sind ein herber Rückschlag für die freie Presse. Es ist der Versuch, eine gesamte Pressefreiheit zu eliminieren. Die breiten Massenproteste gegen das Verbot von Zeitungen sowie die Forderungen nach deren erneuter Zulassung lassen uns aber hoffen.

Das Internet bietet bis heute kaum Möglichkeiten zur Zensur. Welche Chancen erwachsen daraus für Journalisten, die mit Einschränkungen der Pressefreiheit konfrontiert sind?

Das Internet ist durchaus eine Möglichkeit, die Zensur zu umgehen. Es gibt einige Beispiele, wo Journalisten oder auch Autoren auf diesem Wege ein Sprachrohr finden. Aber die Grenzen des Internets sind da, wo für das Publizieren Gefängnisstrafen verhängt werden, wie zum Beispiel in China. Es bilden sich inzwischen aber auch wichtige Kommunikationsnetzwerke mit Hilfe von E-Mail. In Kambodscha zum Beispiel konnten so wichtige neue Kontakte hergestellt werden. Das Gespräch führte Stefanie Hornig

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