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Bartholomaios I. (r), der Ökumenische Orthodoxe Patriarch, spricht mit dem Präsident der Ukraine Petro Poroschenko.

© dpa/Mikhail Palinchak/Ukrainian Presidential Press Service

Bartholomaios I.: Orthodoxer Patriarch erkennt ukrainische Nationalkirche an

Die Ukraine bekommt eine eigene orthodoxe Kirche. Das Ehrenoberhaupt Bartholomaios I. gibt seinen Segen. Doch die russische Kirche wehrt sich.

Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., erkennt die am Samstag gegründete ukrainisch-orthodoxe Kirche an. Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie kündigte in einer in der Nacht zu Sonntag auf Facebook veröffentlichten Erklärung an, er werde dem neugewählten Oberhaupt, Metropolit Epiphanius (39), die Bulle (Tomos) über die Anerkennung als neue „autokephale (eigenständige) Schwesterkirche“ zum orthodoxen Weihnachtsfest am 6. Januar in Istanbul übergeben. Damit wird sie aus Sicht Konstantinopels allen bislang 14 eigenständigen orthodoxen Kirchen gleichgestellt. Epiphanius will am Sonntag in Kiew seinen ersten Gottesdienst als Kirchenoberhaupt feiern.

Die Ukraine will sich mit der am Samstag gegründeten eigenen orthodoxen Landeskirche nun auch im religiösen Bereich stärker von Russland abgrenzen. Bei einer Versammlung am Samstag in Kiew stimmten Bischöfe von zwei ukrainischen orthodoxen Kirchen für eine Vereinigung. Die moskautreue orthodoxe Kirche in der Ex-Sowjetrepublik boykottierte die Synode weitgehend. Von ihr nahmen nur zwei Bischöfe teil.

Zum Oberhaupt der neuen Kirche wählte die Versammlung den Metropoliten Epifani von Perejaslaw (39), der von Präsident Petro Poroschenko persönlich vorgestellt wurde. „Heute ist der Tag der endgültigen Erlangung der Unabhängigkeit von Russland“, betonte der 53-Jährige dabei. Gleichzeitig versicherte er, dass sich der Staat nicht in Kirchenangelegenheiten einmischen werde. Die Verfassung der Ukraine sieht eine strikte Trennung von Kirche und Staat vor.

Vor dem Beginn der Synode in der ältesten Kirche der Stadt, der Sophienkathedrale, sagte das Staatsoberhaupt den Bischöfen: „Von Ihnen und nur von Ihnen hängt die Zukunft der Ukraine ab, unsere Freiheit, unsere staatliche und geistige Unabhängigkeit von Russland.“ Die Ukraine wolle und könne kirchenrechtlich nicht mehr zu Russland gehören. Vor der Kathedrale bekundeten mehrere Hundert Menschen mit ukrainischen Fahnen ihre Unterstützung für eine religiöse Loslösung von Russland. Die Polizei sicherte das Zentrum der Hauptstadt mit etwa 4000 Mann.

Wegen der Kirchengründung in der Ukraine herrscht seit Monaten ein bitterer Streit zwischen der Russisch-orthodoxen Kirche und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Die kirchlichen und politischen Folgen dieser tiefen Spaltung sind noch nicht abzusehen.

Das Moskauer Patriarchat sieht die Ukraine als sein angestammtes Kirchengebiet. Das Oberhaupt der moskautreuen Orthodoxen in Kiew, Metropolit Onufri, sprach von einem Versuch, die Kirche zu spalten. „Es gibt schon eine Landeskirche. Wir haben genug. Wir haben viel mehr, als man denen verspricht, die an dieser Synode teilnehmen“, sagte er. Unter den etwa 200 Teilnehmern der Versammlung waren deshalb nur 2 Bischöfe der moskautreuen Kirche.

Faktisch vereinigten sich die erst 1992 gegründete Ukrainisch-orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats und die kleinere Autokephale Kirche. Außen vor bleiben die Bistümer des Moskauer Patriarchats, die aber mehr Priester, Kirchen und Klöster zählen. Damit bahnen sich Konflikte um wichtige orthodoxe Heiligtümer wie das berühmte Höhlenkloster in Kiew an.

Der Kiewer Patriarch Filaret erschien zur Synode mit der Kopfbedeckung eines Metropoliten. Er zeigte damit an, dass er die Oberhoheit von Bartholomaios über die künftige Kirche anerkennt. Das 39-jährige Oberhaupt der neuen Kirche, Epifani, gilt als Schützling Filarets. Der im Vorfeld als Kandidat genannte Metropolit Simeon von Winnyzja scheiterte bei der geheimen Wahl. Er ist ein Vertrauter Poroschenkos und gehörte bisher der Moskauer Patriarchatskirche an. Seine Wahl wäre ein Signal der Einigungsbereitschaft an die moskautreue Geistlichkeit gewesen. Poroschenko hat die Kirchenpläne als Teil seines Wahlkampfs für 2019 vorangetrieben. (KNA, dpa)

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