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Politik: Bauchschmerzen beim Mindestlohn

Bundesrat stimmt dennoch zu / Höheres Bafög gebilligt / Arbeitslosenbeitrag sinkt

Berlin - Den Weihnachtsmann für die Bediensteten der Deutschen Post AG hat am Donnerstag der Bundesrat gespielt: Seine Zustimmung zum Post-Mindestlohn war eine Bescherung für die Mitarbeiter der gelben Post. Die von der grünen Pin AG dachten möglicherweise eher an Knecht Ruprecht, denn einem Teil von ihnen droht nach der Mindestlohnentscheidung die Entlassung. Eine kleine Überraschung gab es auch: Nicht nur die Länder mit FDP-Beteiligung stimmten dem Post-Mindestlohn nicht zu – die Liberalen sind strikt gegen Mindestlöhne. Auch in der Bank von Thüringen, wo die CDU mit Ministerpräsident Dieter Althaus allein regiert, blieb die Hand bei der Abstimmung unten. Bayern stimmte nur „unter Bauchschmerzen“ zu, wie der neue Bundesratsminister Markus Söder (CSU) sagte. Und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) machte vor der Abstimmung klar, dass der Post-Mindestlohn die Ausnahme bleiben müsse.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Klaus Brandner (SPD), lobte das Vorhaben, meinte aber: „Eine leichte Geburt war das nicht.“ Dennoch strebt die SPD im Verein mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) weitere Geburten an. Ein Antrag von SPD-Ländern, einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von 7 Euro 50 einzuführen, war allerdings schon vor Monaten in der Länderkammer gescheitert. DGB-Chef Michael Sommer sprach nach einem Mittagessen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) von einem „großen Schritt für ein soziales Deutschland.“ Merkel sagte dagegen dem Südwestrundfunk, sie werde sich in den nächsten Monaten sehr genau anschauen, wie viele Arbeitsplätze dadurch verloren gingen.

Der Post-Mindestlohn war nicht die einzige Bescherung, die der Bundesrat am Donnerstag absegnete. Alle Arbeitnehmer dürfen sich am Weihnachtsfest darüber freuen, dass der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung im nächsten Jahr von 4,2 auf 3,3 Prozent gesenkt wird. Auch die Unternehmen profitieren davon.

Zudem bekamen die Studenten ein Geschenk: Erstmals seit sechs Jahren wird im kommenden Herbst der Bafög-Satz für Schüler und Studenten angehoben. Die Länderkammer billigte die vom Bundestag bereist beschlossene Erhöhung um zehn Prozent. Der Höchstsatz für Studenten stiegt damit zum Wintersemester 2008 auf 643 Euro im Monat. Zudem wird die Zahl der Berechtigten steigen. Auch den Bundestagsabgeordneten gönnte der Bundesrat die von ihnen selbst beschlossene Gehaltserhöhung zum neuen Jahr. Die Diäten der Abgeordneten steigen in zwei Schritten um insgesamt 9,4 Prozent auf 7668 Euro pro Monat. Allerdings gibt es auch Kürzungen bei der Altersversorgung der Bundestagsmitglieder. Die Zustimmung des Bundesrats war eine reine Formalie.

Einen kleinen Teil der Entlastung bei der Arbeitslosenversicherung können die Bürger aber gleich verplanen: Die Autofahrer müssen ab dem kommenden Jahr mehr für die Tüv-Untersuchung zahlen. Sie wird 6,5 Prozent teurer. Und auch die Führerscheinprüfung kostet bald mehr: 80 Euro 70, ein Plus von fünf Euro.

Einen besonderen Erfolg erzielte ein Antrag zum besseren Kampf gegen Terror, der aus Hessen kam. Die CDU-Regierung in Wiesbaden dringt (mit Unterstützung Thüringens) auf eine Gesetzesverschärfung: Schon der Aufenthalt in so genannten Terrorcamps soll mit Freiheitsentzug von bis zu fünf Jahren bestraft werden. Zudem soll die so genannte Sympathiewerbung wieder strafbar sein, was sie seit 2002 (rot-grüne Regierungszeit!) nicht mehr ist. In den SPD-Ländern witterte man einen Vorstoß, der für den Wahlkampf in Hessen maßgeschneidert war – Stärke zeigen, Muskeln spielen lassen. Und stimmte daher für alle Fälle einfach zu, auf dass Koch im Wahlkampf nicht auf Schwächen der Sozialdemokratie im Antiterroreinsatz verweisen kann. Nun geht der Antrag in den Bundestag, wo er in das übliche Verfahren eingereiht wird: Die Mehrzahl der Bundesratsanträge stirbt dort eine leisen Tod im zuständigen Ausschuss.

Wie jedes Jahr in der letzten Sitzung vor Weihnachten gedachte der Bundesrat der Verschleppung und Ermordung von Sinti und Roma im Nationalsozialismus. Die Länderkammer plädierte nachdrücklich dafür, nun endlich ein Mahnmal in Berlin zu errichten.

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