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Lastenverteilung: Der Bund will wegen der ausufernden Kosten des neuen Großflughafens finanziell aushelfen.

© dpa

Baustelle Flughafen: Liberale stemmen sich gegen Hilfe für Berlin

Das Projekt BER zermürbt die Verantwortlichen. Später, teurer, noch später, noch teurer. Wie beeinflussen die Probleme in Berlin den Bund?

Vielleicht muss man es relativ sehen. In Deutschland gibt es 23 internationale Verkehrsflughäfen. Der BER würde dann, irgendwann, der 24. werden. Es mangelt also nicht an Flughäfen. Der Bund wiederum ist nur an dreien davon beteiligt – Köln/Bonn, München und eben Berlin. Bis 2005 hielt der Bund auch Anteile am Flughafen in Frankfurt am Main. Bis zum Börsengang der Fraport AG 2001 waren es 25 Prozent, danach nur noch gut 18 Prozent. 2005 verkaufte der Bund dann seine Anteile für 660 Millionen Euro. Die Vermutung liegt also nahe, dass man bei gerade mal zwei aktiven Flughäfen, an denen der Bund beteiligt ist, genug Reserven für den im Bau befindlichen Berliner Großflughafen haben sollte.

Doch so einfach ist die Rechnung nicht. Denn der BER ist ein Politikum, das die schwarz-gelbe Koalition nun erreicht hat. Nicht, weil sich alle in seinem Glanz sonnen wollten, sondern im Gegenteil, er wirft große Schatten, und insbesondere die FDP hat darin ein kleines Profilierungsthema entdeckt. Die Liberalen wollen nicht, dass sich der Bund an den Mehrkosten beteiligt. Der Bund hat sich aber nach der Aufsichtsratssitzung am Donnerstag zum BER bekannt und erklärt, dass er sich beteiligt. Trotzdem war die Aufregung über die Verweigerungshaltung der FDP zuvor groß. SPD-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, appellierte an Bundeskanzlerin Angela Merkel, „für Ordnung in der Koalition zu sorgen und sich zum Hauptstadt-Flughafen zu bekennen“. Sie dürfe nicht zulassen, dass die Koalition im Bund „die Bonität von BER geschäftsschädigend infrage stellt“.

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Doch die Liberalen argumentieren mit dem Gesellschaftervertrag, wonach es keine Nachzahlungspflicht für die Gesellschafter gibt, was auch das Bundesverkehrsministerium bestätigt. Die Jungen Liberalen gehen sogar noch einen Schritt weiter. Ihr Vorsitzender Lasse Becker forderte den Bund auf, Ideen für einen Ausstieg aus dem Flughafen BER zu entwickeln. Der Flughafen werde „allmählich ein Milliardengrab“, sagte Becker und regte an zu überlegen, „ob es nicht einen Weg gibt, aus dem Projekt wieder auszusteigen“. Das aber, versichert das Bundesverkehrsministerium, sei derzeit kein Thema. Überhaupt wäre das kein leichtes Unterfangen. Dem müssten nämlich auch die anderen beiden Gesellschafter zustimmen. Alle drei Gesellschafter hatten sich zudem gegenüber den kreditgebenden Banken (2,4 Milliarden Euro Kreditlinie) in einer sogenannten „Beständigkeitserklärung“ verpflichtet, ihre Anteile bis mindestens zwei Jahre nach Inbetriebnahme zu behalten. Sollte danach ein Gesellschafter verkaufen wollen, haben die anderen ein Vorkaufsrecht.

Es ist wie bei der Griechenland-Rettung: Erst spucken die Liberalen große Töne. Dann stimmen sie doch dafür.

Bei Politikern der CDU ist die Freude über zusätzliches Steuergeld für den Berliner Flughafen auch nicht groß. Aber ähnlich aufplustern wie die Liberalen können sie sich nicht, weil sie sonst ihre Berliner Parteifreunde, die in einer Koalition mit der SPD stecken, in Schwierigkeiten bringen würden. Am Ende, so sagen viele Christdemokraten, wird die FDP mitgehen. Bei der Griechenland-Rettung, sagen einige, hätten die Liberalen auch erst große Töne gespuckt und dann mehrheitlich mitgestimmt. Dirk Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagt: „So ärgerlich und unschön das ist, aber der Bund steht in Mitverantwortung.“ Liberale Ausstiegsüberlegungen lehnt er ebenfalls ab.

Und auch der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Steffel warnt davor, sich zurückzuziehen. „Der Bund wird sich selbstverständlich seiner Verantwortung stellen, denn wir können die Flughafengesellschaft nicht in die Insolvenz schicken“, sagte er. Steffel sorgt sich vielmehr um die Kapazität des neuen Flughafens, weshalb er anregt, eine längere Teilnutzung Tegels übergangsweise zu prüfen.

Doch längst sind auch in der CDU nicht alle so milde beim Thema zusätzliche Mittel für den BER gestimmt. Unionsfraktionsvize Arnold Vaatz ist gegen weiteres Bundes-Geld. „Solange es bei diesem Delegieren der Verantwortung und dieser Informationspolitik seitens der Mehrheitseigner Berlin und Brandenburg bleibt, darf es kein zusätzliches Geld vom Bund geben“, sagte Vaatz. Und Vaatz, der in seiner Fraktion für den Bereich Verkehr und Bau zuständig ist, sieht auch den Bund nicht in der Verantwortung für die Blamage beim BER. „Der Bund muss sich auf die Länder verlassen können, die am stärksten in ein solches Projekt involviert sind. Deshalb liegt hier das Hauptversagen auch aufseiten der Länder Berlin und Brandenburg.“ Er fordert ein Umdenken bei der Besetzung von Aufsichtsräten. „Es ist zwar richtig, dass die Gesellschafter im Aufsichtsrat vertreten sind, aber es macht keinen Sinn, dass da immer ausgerechnet die Ministerpräsidenten sitzen. Das riecht ein bisschen nach Repräsentationssucht und Schirmherrenmentalität. An diese Tische gehört Sachkenntnis, die die volle Arbeitskraft der Beteiligten fordert.“

Juli-Chef Lasse Becker sieht dagegen den Bund in der Verantwortung bei der Suche nach Fehlern. „Der BER gerät immer mehr zur Blamage, und man muss schon auch mal fragen, was der Bund eigentlich gemacht hat. Denn dass Klaus Wowereit das nicht hinbekommen wird, war klar, und gerade deshalb hätten der Bund und seine Vertreter sich viel stärker engagieren müssen.“

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