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Beförderungsstreit: Ulla Schmidt schaltet Rechnungshof ein

Im Streit um vermeintliche Blitzbeförderungen in rot-grünen Bundesministerien kurz vor der möglichen Neuwahl hat Sozialministerin Ulla Schmidt den Bundesrechnungshof eingeschaltet.

Berlin (07.06.2005, 19:44 Uhr) - Um alle Zweifel auszuräumen, seien die Rechnungsprüfer gebeten worden, die Grundlagen der Beförderungsentscheidungen zu überprüfen, teilte Sprecher Klaus Vater am Dienstag in Berlin mit. «Wir rechnen mit einem zügigen Ergebnis.»

In dem Ministerium stehen nach aktuellen Zahlen 127 Beförderungen und Höhergruppierungen an. Die Maßnahmen sind nach Darstellung des Ministeriums Ergebnis der 2002 eingeleiteten Neuorganisation und haben mit den Plänen für die vorgezogene Bundestagswahl nichts zu tun. Weitere 14 Beförderungen gibt es im Verbraucherministerium. In einer dpa-Umfrage verwiesen mehrere Ministerien darauf, es gehe um Regelbeförderungen.

Die Opposition spricht von einer Beförderungswelle und vermutet gut drei Monate vor einem möglichen Regierungswechsel Gefälligkeits- Hochstufungen. Sie fordert einen Beförderungsstopp. Die Regierung lehnt dies ab. Aus Sicht der Union wird die «Beförderungswelle» noch weit größer ausfallen als bisher bekannt. Er gehe davon aus, dass da «sehr viel mehr im Keller ist», sagte CDU-Haushälter Steffen Kampeter.

Der Beamtenbund (DBB) mahnte die Ministerien zur Zurückhaltung. Er könne «nur davor warnen, jetzt Beförderungen als politische Abschiedsgeschenke vorzunehmen», sagte DBB-Chef Peter Heesen der «Frankfurter Rundschau» (Mittwoch). Eine Gefahr von Gefälligkeits- Hochstufungen sieht er jedoch nicht. Abgesehen von «ganz wenigen Einzelfällen», die er nicht beurteilen könne, vermöge er ein «skandalöses Verhalten» nicht erkennen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Norbert Röttgen, forderte Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier zum Eingreifen auf. In einem Brief an Steinmeier schrieb er: «Es wäre sachgerecht und entspräche guten demokratischen Gepflogenheiten, derartige Maßnahmen zu unterlassen und sich im Vorfeld einer Bundestagswahl Zurückhaltung aufzuerlegen. Ich darf Sie herzlich bitten, auf die Bundesministerien in diesem Sinne einzuwirken.»

Kampeter forderte die Regierung auf, im Haushaltsausschuss alle Beförderungspläne für den höheren Dienst darzustellen. Der Union gehe es nicht um die Verhinderung von Regelbeförderungen, sondern um «politische Gefälligkeitsbeförderungen». Zu den massiven Beförderungen durch die frühere Regierung aus Union und FDP vor dem Regierungswechsel 1998 sagte Kampeter: «Wenn wir 1998 Fehler gemacht haben, heißt das nicht, dass wir das 2005 durchgehen lassen müssen.»

Genaue Angaben über den Umfang der Regelbeförderungen machten die Ministerien nicht. Im Innenministerium hieß es, die Mitarbeiter hätten einen Anspruch auf eine leistungsgerechte Beförderung unabhängig von politischen Ereignissen. «Deshalb wird es wie jedes Jahr nach Abschluss der laufenden Beurteilungsrunde die reguläre Beförderung zur Jahresmitte geben», sagte eine Sprecherin.

Im Verkehrsministerium steht «keine außerordentliche Beförderung» an. Mit dem Personalrat gebe es seit Mai Gespräche zur regulären Beförderungsrunde, hieß es. Mit möglichen Neuwahlen habe dies ebenso wenig zu tun wie mit unterstellten «politischen Beförderungen». Ähnlich äußerte sich das Bildungsministerium: «Niemand wird mit Blick auf vorgezogene Wahltermine außerhalb der Regel befördert.». Im Umweltministerium gibt es nach eigenen Angaben keine Beförderungen.

Für das Auswärtige Amt (AA) hatte Ressortchef Joschka Fischer (Grüne) bereits verfügt, dass die Besetzung von Schlüsselpositionen zunächst zurückgestellt wird. Im Familienministerium gab es nach eigener Aussage 2005 bisher 36 Beförderungen und Höhergruppierungen. Verfahren zu weiteren Beförderungen seien im März eingeleitet worden. (tso)

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