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Politik: Beim Gas auf der Bremse

Berlin will Tauschgeschäfte mit Emissionen in der EU begrenzen

Bundeskanzler Gerhard Schröder ist für Klimaschutz. Sein Superminister Wolfgang Clement auch. Trotzdem haben sie monatelang gegen einen europaweiten Emissionshandel gekämpft, wie ihn die EU-Kommission von 2005 an vorsieht. „Wir in Deutschland brauchen gar keinen Emissionshandel“, behauptete Clement vor kurzem bei einer Verdi-Protestkundgebung von Beschäftigten der Energiewirtschaft. Verhindern können die beiden den Handel mit Verschmutzungsrechten zwar nicht mehr – aber bremsen.

Am Montag und Dienstag will der EU-Umweltministerrat über das Thema entscheiden. Die Idee ist so einfach wie einleuchtend: Unternehmen wie Kohlekraftwerke, Chemiefabriken oder Zementwerke bekommen Verschmutzungsrechte zugeteilt. Wer mehr als die erlaubte Menge klimaschädlicher Gase ausstößt, muss sich bei umweltfreundlicheren Unternehmen mit Verschmutzungszertifikaten eindecken. Ein solches Handelssystem hat zwei Vorteile: Zum einen sinken die Kosten für den Klimaschutz, weil die Energieeffizienz vor allem dort erhöht wird, wo das besonders preiswert möglich ist. Gleichzeitig würde ein Markt für Verschmutzungsrechte auch Investitionen lohnend machen, die bisher noch an den Kosten gescheitert sind, weil zumindest ein Teil davon durch die Zertifikate wieder verdient werden kann.

Mineralölkonzerne wie BP und Shell, die bereits jahrelange Erfahrungen mit einem firmeninternen Kohlendioxid-Handel gemacht haben, bestätigen diese Erfahrung. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte der Vorstandschef der deutsche BP, Wilhelm Bonse-Geuking: „Wir haben mit dem System mehr als zehn Millionen Tonnen Kohlendioxid und 600 Millionen Dollar eingespart.“ Im Gegensatz dazu ist vor allem der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF ein entschiedener Gegner des Emissionshandels, und mit ihm die Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie. Deren Vorsitzender Hubertus Schmoldt ist ein enger Vertrauter des Kanzlers. Fast im Alleingang haben BASF und IG BCE vesucht, das Handelssystem zu kippen, um an der deutschen Selbstverpflichtung der Industrie zum Klimaschutz festhalten zu können.

Der von Clement geforderte Zwangspool hätte die unveränderte Fortführung der Selbstverpflichtung möglich gemacht. Allerdings musste Clement diese Forderung inzwischen fallen lassen. Der Kompromiss, den die EU-Kommission mit Berlin ausgehandelt hat, erlaubt aber freiwillige Pools zur Verwaltung der Emissionsrechte. Damit kann der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Reinhard Loske, leben. Ideal findet er die Lösung aber nicht. Denn im Pool werden fortschrittliche Unternehmen bestraft, weil sie keinen direkten Vorteil von ihren Umweltleistungen haben. Dennoch sieht es so aus, als würden die Umweltminister freiwillige Pools akzeptieren, damit Deutschland das Emissionshandelssystem nicht doch zum Kippen bringt.

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