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Auf Kollisionskurs: US-Präsident Donald Trump (links) und der entlassene FBI-Chef James Comey.

© Jim Lo Scalzo/Gary Cameron/Reuters

Belastendes Comey-Memo: Trump soll Einstellung von Ermittlungen gefordert haben

Ein Memo von James Comey belastet den US-Präsidenten schwer. Er soll den Ex-FBI-Chef dazu gedrängt haben, nicht gegen seinen Ex-Sicherheitsberater Flynn zu ermitteln. Folgt jetzt ein Amtsenthebungsverfahren?

Es war der 14. Februar. Am Ende einer Besprechung im Oval Office über Terrorgefahren bat Donald Trump den Justizminister und seinen Vizepräsidenten aus dem Zimmer und wandte sich an FBI-Chef James Comey. Mit dem Polizeichef redete der Präsident unter vier Augen über seinen entlassenen Sicherheitsberater Michael Flynn, dessen Kontakte zu russischen Regierungsvertretern Gegenstand einer Untersuchung des FBI sind. „Ich hoffe, dass Sie einen Weg finden, diese Sache fallen zu lassen und Flynn laufen zu lassen“, sagte Trump, wie Comey anschließend notierte.

Vertraute von Comey haben den Inhalt des Protokolls der Begegnung jetzt an die Medien weitergegeben – und damit ein neues politisches Erdbeben in Washington ausgelöst, das Trump nach Meinung einiger Beobachter das Amt kosten könnte. Alle bisherigen Skandale unter Trump, auch die jüngsten Enthüllungen über die Weitergabe von Geheimdienstinformationen an Russland durch den Präsidenten, führten zu Empörung, Kopfschütteln und erheblichen Zweifeln an der Regierungsfähigkeit der Administration, aber nicht zu weiteren Konsequenzen. Das könnte diesmal anders sein.

Vorwurf der Strafvereitelung

Seit Dienstag steht der Vorwurf der Strafvereitelung im Amt durch Trump im Raum, womit der Wirbel um den Präsidenten eine neue Dimension erreicht. Einige Politiker fordern ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten, der Kongress will die Angelegenheit aufklären: Es könnte eng werden für Trump. Als erstes Medium berichtete die „New York Times“ über das Comey-Memo; später gingen der Fernsehsender CNN und die „Washington Post“ mit ähnlichen Meldungen an die Öffentlichkeit. Comeys Notizen von der Begegnung vom 14. Februar sollen zwei Seiten lang und sehr detailliert sein.

Der Ex-General Flynn war zunächst Wahlkampfberater von Trump und erhielt nach dem Amtsantritt des Präsidenten das Schlüsselamt des Nationalen Sicherheitsberaters. Schon nach wenigen Wochen im Weißen Haus musste Flynn seinen Hut nehmen, weil er mit dem russischen Botschafter in Washington über das Ende amerikanischer Sanktionen gegen Moskau sprach und anschließend Vizepräsident Mike Pence über den Inhalt des Gesprächs belog.

Flynn will vor Kongress aussagen

Flynns Kontakte zu den Regierungen in Russland und der Türkei, für die er als Lobbyist gearbeitet haben soll, weckten das Interessen des FBI, und auch im Kongress begannen Untersuchungen. Erst kürzlich hatten die Abgeordneten des zuständigen Ausschusses den Ex-Sicherheitsberater unter Strafandrohung zur Herausgabe von Unterlagen aufgefordert. Flynn will vor dem Kongress nur aussagen, wenn ihm Straffreiheit zugesichert wird.

Für die Trump-Regierung ist die Akte Flynn sehr unangenehm, schließlich forscht das FBI auch wegen angeblicher Kontakte zwischen Trumps Wahlkampfteam und russischen Regierungsvertretern nach. Die Bundespolizei und die US-Geheimdienste sind überzeugt, dass Moskau im vergangenen Jahr versuchte, Trump im US-Präsidentschaftswahlkampf durch die gezielte Veröffentlichung abgefangener E-Mails seiner Rivalin Hillary Clinton einen Vorteil zu verschaffen. Comey soll vor kurzem mehr Geld für die Ermittlungen gefordert haben. Kurz darauf wurde er von Trump gefeuert.

Nun wolle sich Comey möglicherweise an Trump rächen, indem er das explosive Memo an die Öffentlichkeit lanciere, kommentierte der Trump-nahe Nachrichtensender Fox News. Das Weiße Haus wies Comeys Darstellung des Gesprächs im Oval Office zurück: Trump habe niemals die Einstellung der Ermittlungen gegen Flynn verlangt. Die Reaktion wirft die Frage auf, ob Comey lügt, sich nicht korrekt erinnert – oder ob es die Regierung ist, die flunkert.

Viele in Washington neigen zur letztgenannten Variante. Der Fraktionschef der oppositionellen Demokraten im Senat, Chuck Schumer, erklärte, die nationale Sicherheit, der Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Bundespolizei seien in Gefahr. Trumps republikanischer Parteifreund Jason Chaffetz, Vorsitzender der Aufsichtskommission im Repräsentantenhaus, forderte beim FBI bis zum 24. Mai alle Unterlagen zum Fall Flynn an. Er wolle Comeys Memo so schnell wie möglich sehen, schrieb Chaffetz auf Twitter: Es gehe um den Verdacht, dass der Präsident der Vereinigten Staaten versucht haben soll, eine FBI-Untersuchung abzuwürgen.

Rufe nach Sonderermittler dürften lauter werden

Sollte sich herausstellen, dass Comey tatsächlich in dem Protokoll eine versuchte Einmischung des Präsidenten in das Ermittlungsverfahren zu Flynn beschreibe, dann sei Trumps Präsidentschaft gefährdet, kommentierte CNN. Zunächst einmal dürften nun die Rufe nach einem parteipolitisch unabhängigen Sonderermittler wegen Trumps Russland-Connection lauter werden.

Dass ein solcher Rechtsbruch durch das Staatsoberhaupt die republikanische Mehrheit im Kongress auch dazu bringen könnte, über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump nachzudenken, ist nicht mehr völlig ausgeschlossen. Trumps Verhalten wirft auch bei seinen Parteifreunden immer mehr die Frage nach seiner Amtsfähigkeit auf. David Ignatius, ein angesehener Kolumnist der „Washington Post“, schrieb auf Twitter, die neuen Enthüllungen markierten den Anfang vom Ende von Trumps Präsidentschaft.

Laut Verfassung muss die Initiative zur Amtsenthebung vom Repräsentantenhaus ausgehen und im zuständigen Ausschuss und anschließend im Plenum mit absoluter Mehrheit beschlossen werden. Dann kommt der Fall in den Senat, wo eine Art Gerichtsverfahren stattfindet. Am Ende muss der Senat einer Amtsenthebung mit einer Zweidrittel-Mehrheit zustimmen.

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