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Beratungsbedarf: Lobbywächter kritisieren Verheugen

Der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen zieht nach seinem Ausscheiden aus der Brüsseler Behörde die Kritik von Lobbywächtern auf sich. Den Anlass liefert eine Beratungsfirma, die im vergangenen April in Potsdam gegründet worden war und auf deren Website Verheugen als Geschäftsführer aufgeführt wird.

Berlin - Während die Umweltorganisation „Friends of the Earth“ moniert, dass die „European Experience Company“ zum Teil Lobbyarbeit in Brüssel betreibe und Verheugen damit gegen die Regeln für ausgeschiedene EU-Kommissare verstoße, wird der Vorwurf aus der Beratungsfirma zurückgewiesen. Gegenwärtig überprüft der interne Ethikausschuss der EU-Kommission die Tätigkeit Verheugens. Eine Entscheidung der Kommission darüber, ob Verheugens Job den Regeln entspricht oder nicht, wird in den nächsten Wochen erwartet.

Verheugen hatte zu Beginn des Jahres nach mehr als zehn Jahren, in denen er zunächst Erweiterungs- und dann Industriekommissar gewesen war, die EU-Kommission verlassen. Nach deren Verhaltenskodex müssen ehemalige Kommissare nach ihrem Ausscheiden die Behörde ein Jahr lang von ihren neuen Tätigkeiten informieren. So soll ausgeschlossen werden, dass die Ex-Kommissare ihre Brüsseler Verbindungen als „Türöffner“ für Unternehmen nutzen. Im Juli hatte die Kommission bereits vier Tätigkeiten Verheugens abgesegnet, darunter einen Beratervertrag bei der Royal Bank of Scotland.

Verheugen habe der EU-Kommission am 1. September in einem Brief dargelegt, worin seine Rolle bei der Potsdamer Beratungsfirma bestehen werde, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde dem Tagesspiegel. Die Tätigkeit werde nun vom Ethikausschuss geprüft, der anschließend eine Bewertung vornehme. Die endgültige Entscheidung darüber, ob Verheugens Tätigkeit mit dem Verhaltenskodex der Behörde übereinstimme, liege aber bei der Kommission.

Der Rechtsexperte von „Friends of the Earth“, Paul de Clerck, kritisierte, dass Verheugen dem Ethikausschuss im vergangenen Mai nicht von seiner Potsdamer Beratungsfirma berichtet habe, obwohl diese zu diesem Zeitpunkt schon gegründet worden war. Die Firma biete „zum Teil Lobbyarbeit an“, monierte de Clerck. Nach den Worten von Petra Erler, die die Firma gemeinsam mit Verheugen betreibt, ist dies hingegen nicht der Fall.

Verheugen ist nicht das einzige ehemalige Kommissionsmitglied, dessen Tätigkeiten nach Ausscheiden aus der Behörde die Kritik von Lobbywächtern hervorrufen. So sitzt die frühere österreichische Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik, Benita Ferrero-Waldner, mittlerweile im Aufsichtsrat des Rückversicherers Munich Re. Und Ex-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy kontrolliert die Fluggesellschaft Ryanair.

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