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Politik: Bergisch-Sizilien

Am Donnerstag ergeht das Urteil gegen Wuppertals OB. Nach Ansicht der Staatsanwälte ist das Korruptionssystem weiter intakt

Im Rückspiegel liegt das Rheintal und vorne geht je nach Jahreszeit gerade die Sonne auf, wenn Alfons Grevener von Düsseldorf nach Wuppertal fährt. Während sich auf der anderen Seite der Autobahn die Fahrzeuge stauen, fliegt er seinem Ziel entgegen und kann darüber nachdenken, warum denn das so ist mit Wuppertal – „Schmiergeld-City“ oder „Bergisch-Sizilien“. Mit diesen Themen kennt sich Alfons Grevener besser aus, als ihm manchmal lieb ist.

Grevener arbeitet seit 1997 bei der Staatsanwaltschaft und es vergeht kaum ein Tag, an dem nichts zu melden wäre. Mal verhaftet man fast die gesamte Baubehörde der Stadt, dann wird das Büro des Oberbürgermeisters genauso durchsucht wie dessen Privaträume, und anschließend landet der Mann wegen Korruptionsverdacht vor dem Richter. Bevor das Urteil gegen ihn ergeht, nimmt das Wuppertaler Gericht eine weitere Anklage gegen Honoratioren der Stadt im Zusammenhang mit offensichtlich skandalösen Vorgängen rings um die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG an. Im Januar müssen sich etliche Herren der Wuppertaler Gesellschaft dort verantworten. Auf der Anklagebank sitzt auch ein Freund von Bundespräsident Johannes Rau, der selbst in Wuppertal geboren wurde.

Ausgerechnet Hans Kremendahl, der am Donnerstag seinem eigenen Urteil entgegensieht, war 1996 als Oberbürgermeister nach Wuppertal geholt worden, um aufzuräumen. Zwischen der Baubehörde des Rathauses und den ortsansässigen Handwerkern hatte man ein System von Geben und Nehmen installiert, in dem sich alle Beteiligten offensichtlich behaglich eingerichtet hatten – für das die Richter allerdings wenig Verständnis zeigten. Irgendwann muss sich Kremendahl selbst im festgefügten Netz von Gefälligkeiten verfangen haben. Als seine Wiederwahl 1999 gefährdet war, beschloss eine Rotweinrunde beim ortsansässigen Bauunternehmer Uwe Clees, dass man Kremendahls Kampagne mit einer Million Mark unterstützen wolle. „Wir machen Bundesliga, nicht Kreisklasse“, lautete die Marschroute an diesem Abend, unklar ist, wie lange Kremendahl dabei war. Natürlich hat Clees, davon sind die Staatsanwälte überzeugt, einen Preis dafür verlangt, dass er den Löwenanteil des Geldes bereitgestellt hat. Entsprechende Akten wurde gefunden; juristisch strittig ist alleine, ob die schon Korruption beweisen.

Auf jeden Fall zeigte der Prozess, dass die Sozialdemokraten rings um die Spende kapitale Fehler gemacht haben. Offenbar war die ganze Sache an den regulären Strukturen der Partei vorbei eingefädelt worden. „Dass der bergische Mensch krimineller als andere ist, glaube ich auch nicht“, sagt Staatsanwalt Grevener. Eine Besonderheit ist aber doch, dass in Wuppertal selbst wer unter heftigem Verdacht steht, nicht ausgestoßen wird. So fand der mit Rau befreundete Unternehmer kurz nach der Haft den Weg zum abendlichen Skatspiel in die Kneipe, wo jeder sehen sollte, dass der Bundespräsident weiter zu ihm hält.

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