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Gelöbnis.

© dpa

Bericht des Wehrbeauftragten: Schlechte Stimmung in der Truppe

Hans-Peter Bartels, der Wehrbeauftragte des Bundestages, warnt vor einer Überlastung der Soldaten und fordert eine Beschleunigungsinitiative für den geplanten Personalaufwuchs und für Beschaffungen.

Die Stimmung in der Bundeswehr ist offenbar so schlecht wie seit Jahren nicht. Etwa jeder vierzigste Soldat wandte sich 2016 mit einer persönlichen Eingabe an den Wehrbeauftragten des Bundestages. Das war die zweithöchste Quote seit 1959. Hans-Peter Bartels (SPD), der das Amt seit 2015 innehat, sprach bei der Vorstellung seines Jahresberichts am Montag von „einem bemerkenswerten Plus“ bei den Eingaben. Als Gründe für die Unzufriedenheit nannte er allgemein Überlastung, neue Aufgaben wie die Flüchtlingshilfe und die neue Arbeitszeitverordnung, die eigentlich zu einer Entlastung der Soldaten führen sollte. 2016 wurde die Arbeitszeit in der Truppe erstmals begrenzt. Seither gilt eine Wochenarbeitszeit von 41 Stunden. Wenn das allerdings dazu führe, dass während einer Übung um 16.30 Uhr Dienstschluss befohlen werde und die Soldaten ihre Freizeit auf dem Truppenübungsplatz verbringen müssten, sei dies wenig hilfreich, erläuterte Bartels. Überstunden würden nun zudem vorrangig durch Freizeit ausgeglichen und nicht mehr vergütet, was für viele Soldaten finanzielle Einbußen mit sich bringe.

280 Tage auf See

Einzelne Berufsgruppen etwa im technischen oder im Sanitätsbereich profitieren laut Bartels ohnehin nicht von der Arbeitszeitbegrenzung. So gebe es Spezialisten bei der Marine, die nach einem mehrmonatigen Einsatz auf See im Hafen einliefen und mit dem nächsten Schiff gleich wieder auslaufen müssten, weil es keinen Ersatz für sie gebe. Manch ein Marinesoldat verbringt so 280 Tages im Jahr auf See. Auch Lücken bei der Ausrüstung führen nach Ansicht von Bartels zu Frust bei den Soldaten. Inzwischen sei zwar beschlossen, dass die Bundeswehr wieder wachsen solle, „aber bei den Soldatinnen und Soldaten kommt noch nicht mehr Personal und mehr Ausrüstung an. Sondern erst mal mehr Aufträge“.

Angesichts neuer Aufgaben wie etwa in Mali oder beim Schutz des Baltikums forderte Bartels eine Beschleunigungsinitiative beim Aufwuchs der Bundeswehr. So fehlten 14 300 Dienstposten, bis 2023 sollten zunächst aber nur 7000 neue Stellen geschaffen werden – was einem halben Prozent pro Jahr entspreche. Auch mit der Anschaffung von insgesamt 100 gebrauchten Kampfpanzern wolle sich die Bundeswehr sieben Jahre Zeit lassen. „Das ist Schneckentempo.“

Mehr sexuelle Übergriffe gemeldet

Die Attraktivität der Truppe könne so kaum verbessert werden, merkte Bartels an. Frauen dürfte zudem abschrecken, dass die Bundeswehr noch immer ein von Männern dominierter und geprägter Verband ist. Diskriminierung und sexuelle Belästigungen gehören für Frauen hier offenbar weiterhin zum Alltag. 2014 gaben in einer Befragung 50 Prozent der Soldatinnen an, während ihrer Dienstzeit schon einmal belästigt worden zu sein. In den meisten Fällen geht es dabei um verbale Vorkommnisse, doch auch strafrelevante Übergriffe sind keine Seltenheit. 131 solcher Übergriffe wurden im vergangenen Jahr offiziell gemeldet. 2015 waren es 86. Ob der Anstieg auf eine Zunahme der Taten hindeutet, oder eher belegt, dass sich mehr Frauen trauen, Übergriffe auch anzeigen, ist unklar. Bartels sieht in jedem Fall Handlungsbedarf und schlägt vor, eine Hotline einzurichten, an die sich Opfer sexueller Belästigung bei der Bundeswehr wenden können.

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